Geiseln

»Das sind nicht Alons Augen«

Es sind die hohen jüdischen Feiertage in Israel. Die Zeit, in denen die Familien zusammenkommen und um festlich gedeckte Tische sitzen. Auch die Ohels sind beisammen. Doch sie feiern nicht, sie leiden. Denn einer fehlt schmerzlich: Alon. Der 24-Jährige ist seit mehr als 720 Tagen in der Gewalt der Hamas in Gaza. Die Terrororganisation veröffentlichte jetzt ein neues Propagandavideo des jungen Mannes, der auch deutscher Staatsangehöriger ist.  

»Das sind nicht Alons Augen«, sagten seine Eltern Idit und Kobi Ohel anschließend mit zitternder Stimme. Sie teilten lediglich ein Standbild aus dem Filmmaterial. »Nur ein einziges, denn der Rest«, machten sie klar, »ist zu verheerend, zu schmerzhaft, um ihn der Öffentlichkeit zu zeigen«.

Eltern wollen, dass Video nicht veröffentlicht wird

»Dieses Video ist Psychoterror. Es soll uns schaden. Wir sind bereits gefangen in diesem Terror. Wir bitten – ja wir flehen –, es nicht zu veröffentlichen oder zu teilen«, lauten Idit Ohels eindringliche Worte. Die verzweifelte Familie selbst aber hat sich jede Sekunde der Aufnahme angesehen. Sie lauschte auch jedem Geräusch, um Anhaltspunkte über Alons Zustand zu finden. »Und je länger wir hinschauen, desto mehr Angst bekommen wir«, so die Eltern. »Das sind nicht Alons Augen.«

Denn was sie sahen, hätte ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Seit seiner Entführung am 7. Oktober 2023 während des Massakers der Hamas auf dem Nova-Musikfestival ist Alon Ohel verletzt, mittlerweile soll er auf dem rechten Auge blind sein. Nun befürchten sie, dass er auch auf der zweiten Seite seine Sehkraft verlieren könnte. »Wir machen uns große Sorgen um Alons anderes Auge. Soweit wir wissen, hat sich sein Zustand stark verschlechtert. Als direkte Folge der grausamen Gefangenschaft und mangelnden Behandlung.«

Bundeskanzler Merz: »Die entmenschlichenden Aufnahmen des deutsch-israelischen Staatsbürgers Alon Ohel, die die Hamas ausgerechnet an Rosch Haschana veröffentlicht hat, sind unerträglich.«

Alon, ein talentierter Klavierspieler, hat neben der israelischen auch die serbische und deutsche Staatsbürgerschaft. Bundeskanzler Friedrich Merz schrieb nach der Veröffentlichung des erschütternden Videos auf X: »Die entmenschlichenden Aufnahmen des deutsch-israelischen Staatsbürgers Alon Ohel, die die Hamas ausgerechnet an Rosch Haschana veröffentlicht hat, sind unerträglich. Die Hamas muss alle Geiseln sofort freilassen. Der Waffenstillstand muss jetzt kommen, das Leid muss ein Ende haben.«

Doch für Alon und die weiteren 47 Geiseln in Gaza, von denen mindestens 20 noch am Leben sein sollen, ist das Leid nicht vorbei. »Alon, ich habe das Video von Dir gesehen, und es ist ein weiterer Schlag ins Gesicht«, schrieb Or Levy auf Facebook. Die beiden Israelis waren zusammen von der Hamas in Tunneln unterhalb von Gaza gefangen gehalten worden. Während Levy zusammen mit Eli Sharabi und Eliya Cohen im Rahmen eines Deals im Februar freigelassen wurde, blieb Alon Ohel allein in der Hölle zurück.

»Wir haben dir versprochen: ›Komm schon, du kommst garantiert auch bald nach Hause. Die Kämpfe werden auf keinen Fall wieder beginnen‹«, erinnerte sich Levy in seinem Post an die Worte, die die Männer ihrem Weggefährten sagten, als die Entführer sie aus dem Verlies holten. Und dann: »Doch wie naiv wir waren. Fast sieben Monate sind vergangen, seit ich zurückgekehrt bin. Seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Und es sind schon zwei Jahre seit jenem verfluchten Tag verstrichen, als Zivilisten und Soldaten von der Hamas entführt wurden.«

Bitteres Resümee einer befreiten Geisel

Dann richtete sich der Israeli, dessen Frau beim Nova-Festival von Terroristen ermordet wurde, in einem bitteren Resümee an die Regierung in Jerusalem: »Zwei Jahre lang mussten wir uns von Ihnen Ausreden anhören, warum man die Geiseln nicht zurückbringen kann. Jetzt haben Sie aufgehört, Ausreden zu erfinden. Jetzt haben Sie die Situation normalisiert.«

Kobi und Idit Ohel wandten sich auch an Premierminister Benjamin Netanjahu, der derzeit zum Besuch in den USA ist: »Dies ist eine historische und entscheidende Reise. Wir erwarten, dass Sie mit Antworten zurückkehren. Die ganze Nation wartet.« Nur wenige Tage vor Jom Kippur, dem Versöhnungstag, schrieben sie weiter: »Die Zeit ist gekommen. Dies ist der Moment, das Richtige und Wichtigste zu tun: Alon und alle Geiseln nach Hause zu bringen.«

Zum Abschluss ihrer Botschaft wandten sie sich an ihren Sohn und baten ihn, nicht aufzugeben. »Mein lieber Junge, sei stark. Und du bist stark. Wir haben gesehen, dass du stark bist. Glaub an dich selbst. Glaub an diesen Moment, der bald da ist«, sagte sein Vater. »Die Umarmung – die Umarmung mit Inbar, mit Ronen, mit Mama und mit mir – sie kommt. Sie kommt bald. Sei stark, mein lieber Junge. Wir sind bei dir.«

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