Israel

Ausstand der Diplomaten

Der Papst würde gerne kommen, aber der rote Teppich bleibt wohl leer. Foto: Flash 90

Seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr fliegen Papst Franziskus auch in Israel die Herzen nur so zu. Seine Ankündigung, im Mai ins Heilige Land reisen zu wollen, wurde mit Begeisterung aufgenommen. Doch nun scheint es so, als könnte sein Besuch ins Wasser fallen. Aber nicht etwa, weil das Oberhaupt der katholischen Kirche abgesagt hätte. Die Angestellten des Außenministeriums weigern sich, den roten Teppich auszurollen. Sie streiken.

Die Peinlichkeit, hohe Staatsgäste ausladen zu müssen, würde sich die Regierung gern ersparen. Zwar teilt der Vatikan mit, die Reisepläne des Papstes seien unverändert. Doch vonseiten Israels sei der Besuch abgesagt, heißt es von offizieller Stelle. Beinahe gestrichen wurde auch die offizielle Visite des britischen Premiers David Cameron. Dass er dennoch vor der Knesset sprechen konnte, machten die Mehrarbeit der britischen Botschaft in Israel und ein abgespecktes Programm möglich. Doch jetzt bezeichnet die Gewerkschaft den britischen Gesandten im Land, Matthew Gold, als Streikbrecher. »Wir drücken unsere Enttäuschung aus, dass Ihre Botschaft aktiv mitgewirkt hat, unsere andauernden Bemühungen um bessere und faire Konditionen kaputtzumachen«, hieß es in einem Telegramm an Gold.

Auch Präsident Schimon Peres’ Chinareise steht unter keinem guten Stern. Zwar sei der Besuch im April noch nicht offiziell bestätigt, doch die Diplomaten in der israelischen Botschaft in Peking gaben bekannt, dass sie im Falle eines Staatsbesuchs von Peres keinen Finger rühren würden.

ausbeutung Den Bediensteten falle diese Entscheidung nicht leicht, so die Gewerkschaft, doch nachdem die Gespräche mit dem Finanzministerium Mitte vergangener Woche endgültig gescheitert waren, gebe es keine andere Lösung, als die Arbeit niederzulegen. »Wir wollen einfach nicht mehr Schlips und Kragen anziehen und nach Dienstschluss mit leerer Geldbörse an der Supermarktkasse stehen«, sagt eine Frau, die seit zehn Jahren im auswärtigen Dienst tätig ist. »Die Leute haben es satt. Seit zwölf Jahren sind die Gehälter nicht angepasst worden, das ist reine Ausbeutung.«

Auf der Website des Ministeriums steht: »Israels Diplomaten werden sich nicht mehr um ausländische Vertreter kümmern, keine offiziellen Besuche jeglicher Art organisieren – weder in Israel noch in Übersee –, Visa ausstellen oder sonstige konsularische Angelegenheiten erledigen.« Auf der Website werde es darüber hinaus keine Aktualisierungen mehr geben.

Die harsche Reaktion der Angestellten hat ihre Vorgeschichte. Bereits im Sommer des vergangenen Jahres tauschten sie den Schlips gegen Sandalen und standen in Strandklamotten am roten Teppich, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. Doch nachdem das Finanzministerium Gespräche über einen Mediator angeboten hatte, lenkten die Streikenden ein und begannen mit Verhandlungen. Die dauerten sieben Monate, und es gab nicht ein konkretes Ergebnis.

verunglimpft Das Finanzministerium weist die Schuld von sich und betont, dass es daran arbeite, die Konditionen für die Angestellten und ihre Angehörigen zu verbessern. Allerdings würde die Gewerkschaft auch höhere Gehälter für die ohnehin schon meistverdienenden Angestellten verlangen – und das sei nicht richtig.

Die Gewerkschaft weist den Vorwurf zurück und betont, sie kämpfe um angemessene Bezahlung und insgesamt bessere Arbeitsbedingungen für alle Mitarbeiter. Es sei das Finanzministerium, das »Verunglimpfungen, Lügen und Manipulationen bevorzugt, statt Lösungen anzubieten«. Die Arbeitnehmervertretung veröffentlichte eine Liste von mehr als zwei Dutzend Streikmaßnahmen.

So werden die Angestellten weder für offizielle Besuche in Israel Arbeit aufwenden noch israelischen Gesandten im Ausland Unterstützung anbieten. Auch ist »jeglicher Service für Israelis im Ausland ausgesetzt, es sei denn, ein Leben ist in Gefahr, oder es geht um die Rückführung von Toten zur Beerdigung«. Auch haben die Mitarbeiter im Außenministerium jegliche Kommunikation mit anderen in- und ausländischen Behörden – ob Armee, Geheimdienst Finanzministerium oder Vereinte Nationen – komplett eingestellt.

So stand auch Premier Benjamin Netanjahu bei seiner Reise nach Kalifornien mit seiner Frau Sara verlassen am roten Teppich. Kein israelischer Vertreter hieß sie willkommen, niemand sagte »Schalom« oder schüttelte ihnen die Hände. Der Konsul der israelischen Vertretung in Südkalifornien, David Siegel, erklärte anschließend: »Dies ist eine extrem wichtige Schlacht um die Zukunft der israelischen öffentlichen Diplomatie.

Los Angeles Unsere Gehälter sind seit mehr als einem Jahrzehnt nicht angepasst worden, und hervorragende Mitarbeiter können in den USA nicht mehr leben. Zwei unserer Kollegen haben vorzeitig gekündigt, sie kehren im Sommer zurück in die Heimat. Sie können sich das Leben mit ihren Familien in Städten wie Los Angeles einfach nicht mehr leisten.« So sei es in sämtlichen US-Vertretungen, betonte Siegel. »Viele haben nicht einmal mehr Stellvertreter, weil einfach niemand mehr hier arbeiten will.«

Rund ein Drittel der Bediensteten hat den Anzug in den vergangenen zehn Jahren an den Nagel gehängt, erklärte ein Ministeriumsmitarbeiter. Denn es sei so gut wie unmöglich, mit den Gehältern auszukommen. Daher seien die Forderungen der Gewerkschaft zu 100 Prozent berechtigt. »Wir sehen toll aus in unseren schicken Klamotten und gekämmten Haaren an den roten Teppichen dieser Welt. Doch das ist nichts als schöner Schein. In Wahrheit nagen wir am Hungertuch. Ich bin mir sicher, dass auch der Papst unsere Not versteht.«

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