Wieder einmal können die Israelis ihre Stimme abgeben: Am Montagmorgen öffnen die Wahllokale für die dritte Wahl des Parlaments (der Knesset) innerhalb eines Jahres. Umfragen zufolge liegen die beiden größten Parteien Likud und die Union Blau-Weiß mit 33 Mandaten gleichauf, gefangen in der gleichen Patt-Situation wie bereits bei den vorangegangenen Wahlen im April und September 2019. Experten meinen, es komme bei dem erneuten Urnengang am Montag vor allem auf die Wahlbeteiligung an, denn die könne entscheidender Faktor sein.
Die Kandidaten geben am Sonntag, dem letzten Tag vor der Wahl, noch einmal alles, um pozentielle Wähler auf ihre Seite zu ziehen. Sie touren durch Märkte, geben Interviews in Radio und Fernsehen oder halten Reden für ihre Anhänger. Pausenlos werden willkürliche Nummern angerufen und SMS verschickt – es könnte ja ein potentieller Wähler dabei sein, der noch zur Stimmabgabe motiviert werden kann.
LIKUD Auch die sozialen Netzwerke werden bedient. Besonders der Likud-Vorsitzende und amtierende Regierungschef Benjamin Netanjahu verbringt viel Zeit damit, Videos für Facebook und Nachrichten aufzunehmen, die dann per Telefon verschickt werden.
Kurz vor der Wahl werden noch einmal Sprachnachrichten an potenzielle Wähler verschickt.
Die wichtigtsen Botschaften: »Verschwenden Sie ihre Stimme nicht an die ultrarechte Otzma Hajehudit, die schafft es ohnehin nicht in die Knesset«. Die andere Nachricht des Likud will die Wähler überzeugen, dass Benny Gantz von Blau-Weiß nichts zu bieten habe und Netanjahu der einzige sei, der für Israels Sicherheits sorgen könne. »Denn Gantz ist schwach und kein wahrer Anführer«, meint Netanjahu.
blau-weiss Bei früheren Umfragen hatte Blau-Weiß zwei bis drei Sitze verloren und war nicht mehr stärkste Partei geworden. Diesen Vorsprung soll der letzte Tag vor der Wahl nach dem Willen von Blau-Weiß auf jeden Fall wieder wettmachen. Am Wahltag selbst sollen 25.000 Freiwillige für die Union im ganzen Land vor Wahllokalen, Einkaufszentren und auf belebten Straßen die Menschen motivieren, ihre Stimme abzugeben – natürlich für Gantz, »denn Netanjahu agiert wie ein Mafioso«.
Trotzdem gibt sich Blau-Weiß positiv - in den Worten von Gantz: »Ich glaube an die Hoffnung, und gemeinsam werden wir Israel zu einem Land der Hoffnung machen.« Der bloße Gedanke, dass ein Ministerpräsident unter Anklage in Israel dienen könne, sei »absurd« für ihn, sagte Gantz auf einer Wahlveranstaltung nach dem Ende des Schabbats.
Netanjahu ist in drei Fällen wegen Korruption angeklagt. Der Prozess gegen ihn wird am 18. März vor dem Bezirksgericht in Jerusalem beginnen.
arabische liste Die Vereinte Arabische Liste will nach den Angaben des Vorsitzenden Ayman Odeh die Wähler massenhaft motivieren und statt den vorausgesagten 14 Mandaten »16 oder mehr Sitze holen, damit Netanjahu keine Koalition auf die Beine stellen kann«.
Auch, um mit ihrer Stimme gegen den Nahost-Friedensplan aus den USA zu protestieren, erklärt die Partei. Am Wochenende pilgerten Freiwillige von Haus zu Haus, um Unentschlossene in den arabischen Gemeinden zu überzeugen.
Avigdor Lieberman von Israel Beiteinu hat seine sieben Sitze den Umfragen zufolge nach wie vor sicher.
Ähnlich machen es auch das Linksbündnis aus Arbeitspartei, Gescher und Meretz sowie die Rechtspartei Jamina vom derzeitigen Verteidigungsminister Naftali Bennett.
Der stürmte am letzten Tag wutentbrannt aus dem Studio von »Meet the Press«, als die Journalistin Rina Matzliah ihn fragte, warum in seinen vier Monaten als Verteidigungsminister mehr Raketen aus Gaza auf Israel geflogen seien als in den vier Monaten zuvor. »Sie wollen nur meiner Partei schaden«, wetterte er. Avigdor Lieberman von Israel Beiteinu hat seine sieben Sitze Umfragen zufolge nach wie vor sicher.
Alle versuchen, in den letzten Stunden ihre eigenen Wähler zu motivieren, an die Urnen zu gehen, und die noch unentschlossenen Israelis auf ihre Seite zu ziehen. Für die arabische Bevölkerung ist nach einer Umfrage von Kanal 13 eine Wahlbeteiligung von 83 Prozent prognostiziert, für die jüdische 70 Prozent.
Coronavirus Zumindest, solange nicht weitere Meldungen über den Coronavirus für Unruhe sorgen. So geschehen am Sonntag in Givatayim in der Nähe von Tel Aviv. Als ein Mann eine Arztpraxis innerhalb eines Einkaufszentrums aufsuchte und sagte, er sei gerade aus Italien zurückgekehrt und fürchte, er könne sich den Virus COVID-19 eingefangen haben, brach Panik aus. Ein Teil des Einkaufszentrums wurde evakuiert.
Derzeit gibt es sieben bestätigte Fälle in Israel. Doch Netanjahu hatte vor einigen Tagen klargemacht: »Die Wahl wird wegen des Coronavirus nicht abgesagt.«