Medien

»Antisemitische Narrative«: Vereine üben scharfe Kritik an Preis für Sophie von der Tann

Foto: IMAGO/onemorepicture

Mehrere jüdische und israelsolidarische Vereine und Verbände haben die geplante Verleihung des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises an Sophie von der Tann, Korrespondentin der ARD in Tel Aviv, scharf kritisiert. Mit dem nach dem verstorbenen »Tagesthemen«-Moderator benannten Preis werden jedes Jahr Fernsehjournalisten für ihre Berichterstattung ausgezeichnet.

Der Verband Jüdischer Journalistinnen und Journalisten wirft von der Tann etwa mangelnde Distanz vor. Wie der Verband am Mittwoch unterstrich, stehe Hanns Joachim Friedrichs für souveräne, unabhängige und faire Berichterstattung. »Gemäß seiner Maxime, sich ›nie mit einer Sache gemein‹ zu machen, würde der frühere ›Tagesthemen‹-Moderator dem Publikum auch heute unbeeinflusst von Trends auf Social Media oder seinen persönlichen Vorlieben tagesaktuelle News und Hintergründe präsentieren«, hieß es in einer Pressemitteilung.

Die jüdischen Journalisten beklagten: »Dies vermissen wir vielfach in der Nahost-Berichterstattung der ARD im Allgemeinen und den Beiträgen von Frau von der Tann im Besonderen. An die Stelle multidimensionaler, facettenreicher News und Kurzfeatures treten wiederkehrende Erzählmuster, die sich darauf beschränken, Israel als Aggressor darzustellen.«

Lesen Sie auch

Besonders schwierig ist in den Augen des jüdischen Journalistenverbandes »das Kennzeichnen israelischer Verlautbarungen als möglicherweise unwahr (›können wir nicht überprüfen‹, ›behauptet‹), während Angaben der Hamas oder ihr nahestehender Akteure «ohne gleichermaßen wertende Distanzierung übernommen werden».

«WerteInitiative» wirft von der Tann Aktivismus vor

Die «WerteInitiative», eine jüdische Nichtregierungsorganisation, bemängelt, dass Sophie von der Tanns Berichte oft eher Kommentare seien. Mit ihrer Auszeichnung werde ein journalistischer Stil prämiert, der Israel systematisch als Aggressor darstelle und antisemitische Narrative bediene.

«Wenn eine derart einseitige, aktivistische und wiederholt problematische Berichterstattung ausgezeichnet wird, bedeutet das in der Konsequenz: Befangenheit, Verzerrung und die Ausblendung von Realitäten werden als journalistische Tugenden legitimiert», teilte die «WerteInitiative» auf X mit.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Kölner Verbände fordern Aussetzung der Verleihung

In Köln, wo der Preis am Donnerstag verliehen werden soll, fordern mehrere Verbände in einem Schreiben an die Jury die Veranstaltung auszusetzen, bis geprüft wurde, inwiefern die Arbeit von Sophie von der Tann den Vorgaben des Medienstaatsvertrags zu unabhängiger und sachlicher Berichterstattung entspreche.

Die Unterzeichner des Schreibens, darunter die Deutsch-Israelische Gesellschaft Köln, Mishpache Colonia und Run for Their Lives Köln, fordern von den Rundfunkräten des Bayerischen Rundfunks und des NDR eine externe Untersuchungskommission einzurichten, die Sophie von der Tanns Arbeit und ihre Social-Media-Accounts überprüfen soll.

Bayerischer Rundfunk beklagt «Diffamierungen»

Der Bayerische Rundfunk, der für das ARD-Studio in Tel Aviv zuständig ist, verteidigt Sophie von der Tann. «Wir betreiben unabhängigen Journalismus im permanenten Bewusstsein unserer Verantwortung. Die Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen unter schwierigen Bedingungen wird gelobt und kritisiert. Damit setzen wir uns auseinander.

Diffamierungen allerdings untergraben den demokratischen Diskurs und verhindern eine konstruktive Diskussion. Dem treten wir entschieden entgegen», sagt BR-Informationsdirektor Thomas Hinrichs.

Gesellschaft

Bennett: »Vorschlag für Armeegesetz ist Betrug«

Eine neue Einbringung zur Wehrpflicht für Charedim sorgt für Unruhe in der Koalition

von Sabine Brandes  03.12.2025

Naher Osten

Erstes offizielles Treffen zwischen Israelis und Libanesen

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will eine Grundlage für Beziehungen und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Israel und dem Libanon schaffen

 03.12.2025

Geiseldeal

»Funde« aus dem Gazastreifen stammen nicht von einer Geisel

Die Terroristen der Hamas hatten behauptet, es handele sich um die sterblichen Überreste einer Geisel. Forensiker widersprechen dem

 03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  02.12.2025 Aktualisiert

Netanjahu fordert »entmilitarisierte Pufferzone« in Syrien

 02.12.2025

Israel

Israel erhält »Befunde« aus Gazastreifen

Israel wartet auf die Übergabe der beiden letzten getöteten Geiseln durch die Hamas. Nun ist die Rede von »Befunden«, die übermittelt worden seien. Der genaue Hintergrund ist unklar

 02.12.2025

Ehemalige Geiseln

»In Gaza war ich wie ein toter Mensch«

Der junge Israeli Alon Ohel erlebte in den Tunneln der Hamas unvorstellbare Qualen und sexuelle Gewalt. Jetzt spricht er zum ersten Mal darüber

von Sabine Brandes  02.12.2025

Berlin

Israel-Flagge vor Rotem Rathaus eingeholt

Nach mehr als zwei Jahren wurde die Fahne am Dienstag vom Mast geholt. Die Hintergründe

 02.12.2025

Westjordanland

Messer- und Autoangriff auf israelische Soldaten

Innerhalb weniger Stunden kam es zu gleich zwei Anschlägen auf Vertreter des israelischen Militärs

 02.12.2025