Der Geruch von Verbrannten wabert durch die Lüfte. Ein klares Zeichen: Pessach steht vor der Tür. Vor Synagogen und Gemeindezentren stehen die Menschen Schlange, um das Chametz, das sie aus ihren Häusern verbannt haben, in Flammen aufgehen zu sehen.
Denn heute beginnt die Pessachwoche mit dem Sederabend, an dem traditionell ausschließlich Ungesäuertes verspeist und aufbewahrt werden darf.
MAZZEN Dafür lässt man sich eine Woche lang statt Sauerteigartigem nur Mazze schmecken. Die werden in einem speziellen Prozess gebacken, damit sie nicht aufgehen. Zu Chametz gehören beispielsweise Brot und Brötchen, Nudeln, Kuchen oder Kekse, Cracker und sämtliches Mehl, das nicht aus Mazzen hergestellt wurde.
Es gibt jedoch Unterschiede in den Traditionen der sephardischen und aschkenasischen Küche. So essen die Sepharden Kitniot, also Hülsenfrüchte wie Kichererbsen oder Sojabohnen, und auch Reis. Auf den aschkenasischen Tisch würden all diese Speisen während der Feierwoche indes nicht kommen.
An Pessach müssen Gläubige übrigens zwei Gebote einhalten: Mazze zu essen und kein Chametz zu besitzen. Dafür verkaufen die Oberrabbiner Israels am Vorabend von Pessach das gesamte Chamez des Staates Israel an einen Nichtjuden. Hossein Jaber, ein Bewohner der Stadt Abu Gosh, erwarb es mit einem offiziellen Kaufvertrag. Der hat neben der rechtlichen Gültigkeit auch eine halachische, die es den Bürgern Israels ermöglicht, die Mizwot des Pessachfestes ordentlich und ohne die Sorge einzuhalten, dass sich Chametz in ihrem Besitz befindet.
»Wir haben ein gemeinsames Ziel und eine Tradition eines Volkes, das das Privileg hatte, aus dem Exil in Ägypten herauszukommen.«
oberrabbiner david lau
Die Oberrabbiner erhielten eine Vorauszahlung von 20.000 Schekeln von Jaber. Nach Pessach werden drei Gutachter den Wert des staatlichen Chametz schätzen. Dann kann der Käufer die restliche Summe des Geldes bezahlen oder nicht. Wenn nicht – was immer geschieht – geht das gesamte Gesäuerte wieder in den Besitz des Staates über, und Jaber erhält seine Anzahlung zurück. Das Oberrabbinat bietet den Israelis zudem jedes Jahr an, ihr Chametz online zu verkaufen.
FRIEDEN Nach der Verkaufszeremonie segnete Oberrabbiner Yitzhak Yosef das Volk Israel: »Möge es reichlich Frieden zwischen uns geben und werden wir uns alle lieben«, sagte er. »Wir sind alle Söhne eines Mannes, alle sind Brüder.« Dann rief Yosef die Israelis auf, alle Meinungsverschiedenheiten zu überwinden. »Wir sollten uns zusammensetzen, miteinander reden und schlimme Streitigkeiten fernhalten.«
Oberrabbiner Rabbi David Lau bat die Menschen, sich daran zu erinnern, »dass wir ein gemeinsames Ziel und eine Tradition eines Volkes haben, das das Privileg hatte, aus dem Exil in Ägypten herauszukommen, die Tora und ihre Essenz am Berg Sinai zu empfangen und das Land Israel zu betreten«.
SEDERTELLER Die Festwoche beginnt für die meisten jüdischen Familien in Israel mit einem feierlichen Sederabend, an dem die Haggadah über den Auszug der Juden aus Ägypten gelesen wird und symbolhafte Speisen des Sedertellers gegessen werden, darunter Bitterkraut Maror, um an die harte Zeit der Sklaverei zu erinnern. Außerdem müssen vier Gläser Wein getrunken werden.
Damit hatten viele offizielle Vertreter bereits in den vergangenen Tagen immer wieder auf das nahende Fest angestoßen. So wurde Premierminister Benjamin Netanjahu am Dienstag im Hauptquartier der Armee begrüßt. Er wünschte der gesamten Armee und allen Israelis: »ein koscheres und fröhliches Pessach – und hoffentlich auch ein friedliches«.