Reaktion

»Wegweisende Entscheidung«

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch lobt Beschluss des Bundestages zur Bekämpfung des Judenhasses

von Helmut Reister  22.01.2018 18:10 Uhr

Charlotte Knobloch Foto: Steffen Leiprecht

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch lobt Beschluss des Bundestages zur Bekämpfung des Judenhasses

von Helmut Reister  22.01.2018 18:10 Uhr

Mit verhaltener Zuversicht hat Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, auf den mit überwältigender Mehrheit des Bundestags zustande gekommenen Beschluss reagiert, Antisemitismus künftig entschlossen zu bekämpfen. »Der Antrag zu dieser wegweisenden Entscheidung war von existenzieller Bedeutung«, sagte Charlotte Knobloch – zumal er mit den Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen breite Unterstützung fand.

Mit der Entscheidung hat der Bundestag nach Überzeugung der IKG-Präsidentin die besondere Verantwortung der Bundesrepublik im gesamtgesellschaftlichen Kampf gegen Antisemitismus betont und jede Form davon verurteilt. Antisemitismus, so Knobloch, finde sich inzwischen in allen politischen Lagern und habe mit dem Antizionismus und der Israelfeindlichkeit auch neue Formen angenommen.
Die Entscheidung sei auch deshalb von besonderer Bedeutung, da in der Vergangenheit zu viel versäumt worden sei.

Muslime »Zu lange hat man die Augen davor verschlossen, dass der Antisemitismus in Deutschland ein beschämendes und bedrohliches Maß angenommen hat«, betonte Knobloch. »Judenfeindliche Ressentiments und Verschwörungstheorien werden im rechten und linken Spektrum der Gesellschaft verbreitet. Unter hier lebenden Muslimen herrscht bisweilen regelrechter Judenhass, der aus den muslimischen und arabischen Ländern befeuert wird«, erklärte die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. »Hinzu kommt, dass mit der AfD eine Partei zur drittstärksten Kraft geworden ist, in der Geschichtsklitterung und Antisemitismus einen festen Platz haben.«

Mit der Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten erfüllt sich eine seit Langem erhobene Forderung der IKG-Präsidentin. Sie warnt aber davor, dieser Stelle, die im Bundeskanzleramt angesiedelt sein sollte, nur symbolischen Charakter zuzuweisen. »Es ist für die Zukunft jüdischen Lebens von entscheidender Bedeutung«, so Charlotte Knobloch, »dass das Phänomen Judenhass parteiübergreifend, ressortübergreifend und gesellschaftsübergreifend an der Wurzel gepackt wird.«

Da­bei sollten aber auch die positiven Errungenschaften der letzten Jahrzehnte nicht aus den Augen verloren werden, hob Knobloch hervor. »Um sie zu bewahren und antijüdische Einstellungen zu bekämpfen, benötigen wir eine selbstkritische und ehrliche Analyse und Maßnahmenkonzeption auf allen gesellschaftlichen Ebenen: in der Politik, im Bildungssystem, in der Justiz, im Straf- und Versammlungsrecht, im Polizei- und Sicherheitsbereich, bei der Erfassung antisemitischer Taten sowie bei der Integration und den Aufenthaltsregelungen. All das kann und muss der Beauftragte mit ausreichenden Kompetenzen und Befugnissen koordinieren und evaluieren.«

»Israelkritiker« Ausdrücklich begrüßt wird von Charlotte Knobloch auch die Verurteilung der weltweiten antisemitischen Bewegung »Boycott, Divestment and Sanctions« (BDS), die sich insbesondere im linken politischen Spektrum als legitimer Akteur geschickt den »Israelkritikern« angedient habe. Entscheidend sei jetzt aber, entsprechende Maßnahmen schnell und wirksam umzusetzen.

Ihrer Einschätzung nach trägt der Beschluss den dramatischen Entwicklungen hinsichtlich der Verbreitung und Intensivierung der antisemitischen Aggression hierzulande Rechnung. Er gehe auch weit über das in dieser Hinsicht karge Ergebnis des Sondierungspapiers hinaus. »Ich hoffe sehr«, so Charlotte Knobloch, »dass die Antisemitismusbekämpfung bei der weiteren Regierungsbildung eine gewichtigere Rolle spielen wird.«

Frankfurt

30 Jahre Egalitärer Minjan: Das Modell hat sich bewährt

Die liberale Synagogengemeinschaft lud zu einem Festakt ins Gemeindezentrum

von Eugen El  09.12.2024

Frankfurt/Main

»Mein Herz blutet«

In Israel herrsche »Balagan«, Chaos, sagt Chaim Sharvit. Er steht hier denen zur Seite, die zum ersten Jahrestag des 7. Oktober dunkle Gedanken haben. Ein Besuch in Deutschlands größtem jüdischen Altenheim in Frankfurt

von Leticia Witte  14.10.2024

Gedenkveranstaltung

Steinmeier: Wer überlebt hat, trägt schwer an der Last

Fünf Jahre nach dem rechtsextremen Anschlag besucht Bundespräsident Steinmeier die Tatorte.

 09.10.2024

Frankfurt

Graumann und Grünbaum zur Doppelspitze in der Frankfurter Gemeinde gewählt

Den Vorstand vervollständigen Rachel Heuberger, Daniel Korn und Boris Milgram

von Christine Schmitt  09.10.2024

Berlin

»Ein bewegender Moment«

Am Donnerstag fand in Berlin die feierliche Ordination von zwei Rabbinerinnen sowie sechs Kantorinnen und Kantoren statt. Doch auch der monatelange Streit um die liberale Rabbinatsausbildung in Deutschland lag in der Luft

von Ralf Balke  09.09.2024 Aktualisiert

Neue Potsdamer Synagoge

Am Freitag wird der erste Gottesdienst gefeiert

Nach der feierlichen Eröffnung im Juli soll nun das religiöse Leben in der Synagoge in Potsdam langsam in Gang kommen. Am Wochenende sind erste Gottesdienste geplant

 06.09.2024

IKG

»Ein großer Zusammenhalt«

Yeshaya Brysgal zieht nach einem Jahr als Jugendleiter eine positive Bilanz und plant für die Zukunft

von Leo Grudenberg  04.09.2024

Keren Hayesod

»Das wärmt mir das Herz«

Der Gesandte Rafi Heumann über seinen Abschied von Berlin, deutsche Spielplätze und treue Spender

von Christine Schmitt  04.09.2024

Porträt der Woche

Sinn ernten

Caro Laila Nissen half nach dem 7. Oktober Bauern in Kibbuzim nahe Gaza

von Lorenz Hartwig  01.09.2024