Unbekannte haben am Mittwochabend vergangener Woche ein Fenster des Gemeindezentrums der Jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen eingeworfen. Es ist nicht das erste Mal, dass das Haus beschädigt wurde. Zuletzt hatten im September 2016 Unbekannte ein Fenster des Gemeindezentrums in der Altstadt mit Steinen beworfen und zerstört.
Die rund 350 Gemeindemitglieder sind erschüttert – »und verängstigt. Warum werfen Menschen mit Steinen nach einem Gotteshaus?«, fragt Judith Neuwald-Tasbach, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. Der Steinwurf löste am 1. August um 18.15 Uhr Alarm aus. Derzeit sind Ferien in Nordrhein-Westfalen, die Gemeindeeinrichtungen sind während der Urlaubszeit geschlossen und kein Mensch im Gebäude.
Attacken Die Polizei, die regelmäßig die Umgebung rund um die jüdische Einrichtung kontrolliert, rückte mit mehreren Polizeiwagen an. Der Täter konnte jedoch unerkannt entkommen. Allerdings existieren dieses Mal Bilder des unvermummten Täters. »Es ist bereits das dritte Mal, dass sie ein Fenster unserer Synagoge zerstört haben«, berichtet Neuwald-Tasbach. Dazu kommt, dass im Mai dieses Jahres eine Gedenktafel für den jüdischen Rechtsanwalt Emil Kochmann, der in Auschwitz ermordet wurde, in Gelsenkirchen-Buer aus der Verankerung gebrochen und geraubt wurde.
Beunruhigend für die jüdischen Gelsenkirchener sei zudem, sagt die Gemeindevorsitzende, dass sich die Tat am helllichten Tag ereignete. In der Innenstadt herrschte zu diesem Zeitpunkt noch reges Treiben. »Der Steinwurf zeigt, wie wenig sich inzwischen die Menschen schämen, eine solche Tat zu begehen. Sie agieren nicht mehr im Schutz der Nacht, sondern riskieren bewusst, dabei gesehen zu werden«, empört sich Neuwald-Tasbach.
Videoüberwachung Auch von der Videoüberwachung ließen sie sich dieses Mal nicht abschrecken. Die Gelsenkirchener Polizei wollte zu ersten Fahndungsergebnissen keine Stellung nehmen.
Die Gelsenkirchener Zivilgesellschaft hat mit zahleichen E-Mails an die jüdische Gemeinde und in den sozialen Netzwerken auf den Anschlag reagiert und ihre Solidarität bekundet. »Das macht uns Mut«, sagt Neuwald-Tasbach. »Dass die Gemeinde einen solchen Rückhalt hat, wissen wir zu schätzen.«
Noch am selben Abend besuchte der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises, Heiner Montanus, mit Mitarbeitern des Kreiskirchenamtes den Tatort. Auch aus dem Rat der Stadt kamen Solidaritätsadressen an die Gemeinde. Die CDU verurteilte »zutiefst die Handlungen, die ein oder mehrere Täter gegenüber der Jüdischen Gemeinde zum Ausdruck gebracht haben«. Und die Sozialdemokraten zeigten sich fassungslos, dass rechte Positionen salonfähig sind. Sachbeschädigung sei ein Ausdruck dessen.