Bildung

Sie geben den Ton an

Die jüdischen Schulen in Berlin sind mit ihrem musikalischen Angebot vorbildlich

von Christine Schmitt  29.03.2010 17:46 Uhr

Im Orchester der Heinz-Galinski-Schule lernen schon Grundschüler, Saxofon zu spielen. Foto: Gregor Zielke

Die jüdischen Schulen in Berlin sind mit ihrem musikalischen Angebot vorbildlich

von Christine Schmitt  29.03.2010 17:46 Uhr

Bis alle Instrumente gestimmt sind, vergehen schon einige Minuten. Schließlich sitzen mehr als 25 Kinder im Probenraum. Vor drei Jahren wurde das Orchester der Heinz-Galinski-Schule gegründet, und ist – laut Schulleiterin Noga Hartmann – das einzige Orchester einer Berliner Grundschule. Die Schüler spielen Saxofon, Klarinette, Trompete, Cello und Geige. Jazzige jüdische Musik steht auf dem Programm – und das »macht allen viel Spaß«, so Musiklehrer Igor Ginzburg.

Das Angebot der Grundschule der jüdischen Gemeinde dürfte ganz im Sinne der 13 prominenten Berliner Dirigenten und Intendanten sein, die sich unlängst in einem offenen Brief an Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) gegen die schleichende Verdrängung des Musikunterrichts aus den Schulen aussprachen. Unter anderem Sir Simon Rattle und Daniel Barenboim warnen vor fatalen Konsequenzen. Es werde der Verlust kultureller Möglichkeiten und Traditionen in Kauf genommen und das Allgemeinwissen auf naturwissenschaftliches und ökonomisches Wissen beschränkt.

Sie fordern, dass »die musikalische Allgemeinbildung nicht aus unserer Stadt verbannt werden darf«. Es könne nicht sein, dass es Schüler in den Klassen 7 bis 9 gäbe, die drei Jahre lang überhaupt keinen Musikunterricht hätten. Seit fast zwei Jahrzehnten werde in den weiterführenden Schulen immer weniger Musikunterrichtet angeboten, heißt es in dem Brief. In der neuen Sekundarschule komme noch hinzu, dass künftig die Fächer Kunst und Musik ausgetauscht werden können, sodass Musik in einigen Klassen möglicherweise gar nicht mehr stattfindet.

Oberschule »Die Dirigenten haben vollkommen recht«, sagt Barbara Witting, Direktorin der Jüdischen Oberschule. Der Musikunterricht sei laut Rahmenplan in den Stufen neun und zehn in der Tat sehr knapp bemessen. In diesen Klassenstufen seien wöchentlich lediglich zwei Stunden für den Musik- oder Kunstunterricht vorgesehen.

An vielen Schulen werden die Fächer im halbjährlichen Wechsel angeboten, also jeweils ein halbes Jahr nur Kunst oder Musik. »Aber nach einem halben Jahr ohne Musik haben die Schüler vieles vergessen, die können dann auch nur wenig«, gibt Witting zu bedenken. Beispielsweise seien so elementare Kenntnisse wie das Notenlesen nicht mehr abrufbar.

Die Pädagogen an der Jüdischen Oberschule haben sich ein leicht abgeändertes Konzept überlegt: Musik wird in einem anderen Rhythmus unterrichtet. Im ersten Halbjahr der Stufe neun gibt es Kunstunterricht, dann im zweiten Halbjahr und im ersten der 10. Klassenstufe Musik. Nach diesem Modell könne ein ganzes Jahr vieles über Melodien, Rhythmus und Komponisten gelernt werden. Und es würden zusätzliche Angebote gemacht. So gebe es einen Chor, diverse kleine Streicherensembles und eine Jazz Combo. Viele Schüler beherrschen ein Instrument und seien bei den Wettbewerben von Jugend musiziert erfolgreich.

Traditionsschule Auf der Homepage der Jüdischen Traditionsschule von Chabad Lubawitsch ist ein Junge mit einem Cello abgebildet. Musik sei ihnen sehr wichtig, betont auch die Direktorin Heike Michalak. »Alle Klassen haben entsprechend des Berliner Rahmenplanes Musikunterricht«, sagt sie. Das seien in der Grundschule zwei Stunden pro Woche. Ausgebildete Musikpädagogen seien dafür zuständig. Zusätzlich können die Schüler ihre eigenen Instrumente mitbringen.

Immer wieder schließt sich die Schule Projekten – überwiegend der Berliner Philharmonie – an, sodass auch berühmte Musiker die Schule besuchen. Jüngst war beispielsweise Clemens Malich vom Felix Mendelssohn Jugendsinfonieorchester Hamburg zu Gast. »Während eines zweistündigen Besuchs weihte der Musikprofessor die Schüler der oberen Klassen in die Geheimnisse des Dirigierens ein und beantwortete ihre Fragen«, erzählt Michalak.

Lauder-schule »Musik spielt bei uns eine große Rolle«, sagt Rabbiner David Kern von der Lauder Beth Zion Grundschule an der Rykestraße. Zusätzlich zu dem vorgeschriebenen Unterricht von zwei Stunden lernen alle Kinder Blockflötespielen. Außerdem gibt es ein Angebot, in dem die Kinder klassenübergreifend teilnehmen und ein weiteres Instrument bei einem ausgebildeten Musikpädagogen erlernen können. Zu den Feiertagen und den Schulfeiern gestalten die Lehrer gemeinsam mit den Kindern die Programme, zu denen viel Musik gehöre. Mit Musik könnten auch jüdische Werte und Inhalte vermittelt werden. Bei Bastel- oder handwerklichen Arbeiten würden oft jüdische Lieder im Hintergrund erklingen.

Heinz-Galinski-schule Auch in der Grundschule der jüdischen Gemeinde lernen Zweitklässler Blockflöte, das ist Pflicht. Zusätzlich zu den zwei Musikstunden werden vier weitere auf freiwilliger Basis angeboten. Neben dem Orchester gibt es noch einen Chor, der sich aus Kindern der dritten und vierten Klassen zusammensetzt. Die Schüler haben sogar eine eigene Hymne für ihre Schule geschrieben, die Musiklehrer Ginzburg vertont hat. Sie treten in den Synagogen, im Gemeindehaus und bei Schulfesten auf. »Es macht mir Freude, den Kindern Musik nahezubringen«, sagt der Lehrer.

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