Rabbiner Andreas Nachama sieht zufrieden aus. Er steht vor einem Pavillon auf dem Petriplatz in Berlin-Mitte, wo irgendwann in naher Zukunft die Synagoge des »House of One« gebaut werden soll. Heute ist auf der 2000 Quadratmeter großen Fläche provisorisch eine Tischlerei eingerichtet, in der Schüler Möbel zimmern. Am Eingang liegen Postkarten aus. »Was haben ein Rabbi, ein Imam und ein Pfarrer gemeinsam? ›House of One‹, drei Religionen unter einem Dach«, steht darauf.
»Ich fasse mir immer wieder an den Kopf und frage mich, warum noch nie jemand vor uns diese Idee des Trialogs verwirklicht hat«, sagt Rabbiner Nachama. Der jüdische Präsident des Deutschen Koordinierungsrates löste 2015 Rabbiner Tuvia Ben-Chorin nach dessen Weggang aus Berlin im Vorstand ab. Es habe sich »in jeder Hinsicht gelohnt«, sagt er zwei Jahre später.
himbeersträucher In diesen Tagen sind Schüler auf dem Petriplatz im Einsatz. 240 Sechst- und Siebtklässler legen den Garten an, entwickeln ein Theaterstück, musizieren und bauen ihr »Young House of One«. Zugleich wollen sie ihre Gedanken zum Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionen künstlerisch umsetzen.
Dass Kinder gerade an diesem besonderen Ort jetzt neue Thesen für ein friedliches Zusammenleben formulieren, sei ein hoffnungsvolles Signal für die Zukunft, findet Thomas Liljeberg-Markuse, Geschäftsführer des Freizeit- und Erholungszentrums Berlin (FEZ), der das Projekt »Young House of One« unter der Schirmherrschaft des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller (SPD), gemeinsam mit den Architekten von »Raumlabor« entwickelte.
»Das gesamte Projekt wird jetzt gut sichtbar«, freut sich Initiator und Pastor Gregor Hohberg. Seit Wochen wachse es, »die Wurzeln suchten sich ihren Weg«. Bereits im Dezember hatten Schüler mit der Landschaftsarchitektin Véronique Faucheur die Zäune aufgebaut und Laubschichten auf die künftigen Beete aufgetragen. Nun haben sie dort Himbeersträucher und Erdbeerstauden eingepflanzt.
sakralräume Der Garten ist so angelegt, dass der Grundriss des späteren Sakralgebäudes ausgespart ist. »Menschen verschiedener Herkunft und Glaubensrichtungen wachsen zusammen«, freut sich Pfarrer Hohberg. Was vor sieben Jahren als Idee begann, soll 2019 mit der Grundsteinlegung verwirklicht werden – vorausgesetzt, die benötigten zehn Millionen Euro sind auf dem Spendenkonto eingegangen. Fünf Millionen soll es bereits geben. Insgesamt belaufen sich die Kosten auf 40 Millionen Euro. »Der Weg ist auch das Ziel«, meint Andreas Nachama. Imam Oswald Örz hofft, das Haus bald mit Geist füllen zu können. »Je früher man sich begegnet, desto besser«, meint er.
Der Entwurf des Architektenbüros Kuehn Malvezzi sieht drei verschiedene Sakralräume vor, die durch einen zentral gelegenen Begegnungsraum verbunden sind. Projektträger sind unter anderen die Jüdische Gemeinde zu Berlin und das Potsdamer Abraham Geiger Kolleg. Auf muslimischer Seite wurde das Forum für Interkulturellen Dialog als Partner gefunden, auf christlicher Seite die Evangelische Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien.
Alle drei Gotteshäuser haben dieselbe Anzahl an Kubikmetern, sagt Rabbiner Nachama. Beispielsweise bräuchten die Muslime keine Empore und hätten somit auf dem Grundriss etwas mehr Platz. Die Empore sei für die Synagoge wichtig, damit sie allen jüdischen Strömungen offenstehen kann. Auch kann sich der Rabbiner verschiebbare Möbel vorstellen. Vor allem aber wünscht er sich das Herzstück der künftigen Synagoge: eine eigene Torarolle.