München

»Es war ein Mammutprojekt«

Das Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern kann zehnjähriges Bestehen feiern – und eine Erfolgsgeschichte, die alle Erwartungen übertrifft. Der religiöse und kulturelle Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde mit ihren fast 10.000 Mitgliedern ist längst zu einem zentralen Ort des gesellschaftlichen Lebens in der Landeshauptstadt geworden – über viele Grenzen hinweg.

Der feinsinnige Max Mannheimer sel. A. hat für das Gemeindezentrum am Jakobsplatz den Begriff »Charlottenburg« geprägt, der ein bisschen ironisch klingen mag, aber selbst von der Präsidentin mit Amusement zur Kenntnis genommen wurde. Allein ihr Werk war die sichtbare Rückkehr der Gemeinde ins Herz Münchens nicht, aber alle wissen, dass Charlotte Knobloch die unermüdlich antreibende Kraft hinter den Kulissen war. Ministerpräsident Horst Seehofer hat bei einem seiner Besuche einmal schmunzelnd zu verstehen gegeben, wie hartnäckig und zielgerichtet die Frau an der Spitze der IKG verhandeln kann, wenn es um die Interessen der jüdischen Gemeinde geht.

prominenz »Ich denke, dass das Gemeindezentrum nicht nur ein sichtbares Zeichen jüdischen Lebens in Bayern darstellt, sondern eine Bereicherung für ganz München wurde«, zieht Charlotte Knobloch eine Bilanz der zehn vergangenen Jahre. Ihre Zufriedenheit und Freude über das »Mammutprojekt Gemeindezentrum«, das bis zur Verwirklichung jahrelanger Vorbereitung und Planung bedurfte und jedes Jahr Tausende Gäste anzieht, ist ihr deutlich anzumerken. »Unsere Erwartungen«, strahlt sie, »wurden weit übertroffen.«

Als Parameter für Akzeptanz und Bedeutung des Hotspots am Jakobsplatz könnten die Namen der Persönlichkeiten herangezogen werden, die bereits zu Gast im Gemeindezentrum waren. Die endlose Namensliste der prominenten Besucher, die die Schwelle des Hauses überschritten, an Veranstaltungen teilnahmen, sich im Restaurant »Einstein« koschere Köstlichkeiten servieren ließen, oder mit der Präsidentin einen Meinungsaustausch betrieben, liest sich wie das Who’s Who der Prominenz.

Die engen Beziehungen zur Politik, die Charlotte Knobloch während der mehr als drei Jahrzehnte ihrer Präsidentschaft aufgebaut hat, gehen in einigen Fällen über ein »Arbeitsverhältnis« weit hinaus. Der frühere Münchner Oberbürgermeister Christian Ude ist ein Beispiel dafür. Er gehört auch zu den Persönlichkeiten, die mit der Ohel-Jakob-Medaille in Gold, der höchsten Ehrung der IKG, ausgezeichnet wurden.

ehrung Die Medaille, die Ende letzten Jahres anlässlich des zehnjährigen Bestehens der neuen Hauptsynagoge an Bundeskanzlerin Angela Merkel verliehen wurde, erhielten auch schon Ministerpräsident Horst Seehofer und Münchens Polit-Urgestein Hans-Jochen Vogel, der mit der jüdischen Gemeinde auch durch das Olympiaattentat eng zusammengewachsen ist. Bis kurz vor den Spielen 1972 in München, als palästinensische Terroristen in das Olympische Dorf eindrangen, israelische Sportler als Geiseln nahmen und die ganze Welt in Schockzustände versetzten, war Vogel Oberbürgermeister Münchens gewesen.

Mit dem jeweils amtierenden Oberbürgermeister unterhält die IKG traditionell eine ausgesprochen enges und vertrauensvolles Verhältnis. Auch Dieter Reiter, der die Geschicke der Stadt erst seit gut zwei Jahren leitet, reiht sich nahtlos ein. »Er hat für unsere Anliegen stets ein offenes Ohr«, freut sich Charlotte Knobloch.

Heute, fast ein halbes Jahrhundert später, gehört er zu den regelmäßigen Besuchern des Gemeindezentrums, das für ihn längst zu einem unverzichtbaren Teil Münchens geworden ist und das auch die Vielfalt des jüdischen Lebens widerspiegelt.

Quantensprung Nicht unerheblich daran beteiligt ist die Kulturabteilung der IKG, die mit dem Gemeindezentrum in ganz andere Programmdimensionen vorstoßen konnte. »Die Rahmenbedingungen, die sich mir vorher geboten haben, sind mit denen im Gemeindezentrum nicht zu vergleichen«, beschreibt Ellen Presser, die Leiterin der Kulturabteilung, den »Quantensprung«, der durch den Umzug an den Jakobsplatz erfolgte.

Die Jüdischen Filmtage und die Jüdischen Kulturtage der IKG, die unter Pressers Regie seitdem stattfinden, haben im Veranstaltungskalender der Stadt München einen festen Platz gefunden, machen aber nur einen Teil des ganzjährigen kulturellen IKG-Angebots aus. Vorträge und Diskussionen zu aktuellen und historischen Ereignissen wechseln sich ab mit Buchvorstellungen, Konzerten, Filmen, Kunstaktionen, Bürgerfesten, Ausstellungen und vielen anderen Formaten. Die Vielfalt des jüdischen Lebens ist auch für Ellen Presser ein verbindlicher Maßstab, wenn sie zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen das Programm ausarbeitet und organisiert.

Filmstars oder hohe Vertreter der Politik mögen willkommene Gäste sein, den »Pulsschlag« des Gemeindezentrums bestimmt jedoch die alltägliche Arbeit, die ein breites Spektrum erfasst. Die Kinder spielen dabei eine besondere Rolle. »Sie sind unsere Zukunft«, stellt Charlotte Knobloch kurz und bündig fest. Mit Genugtuung konstatiert sie deshalb, dass das Bildungsangebot der IKG mit der Eröffnung des Jüdischen Gymnasiums zu Beginn des Schuljahres ein neues Level erreicht hat. »Das ist ein weiterer großer Schritt für uns«, freut sich die Präsidentin über den Einzug des Gymnasiums in das Gemeindezentrum. Mit Kinderkrippe, Kindergarten, Sinai-Grundschule und jetzt auch dem Gymnasium verfügt die IKG zehn Jahre nach dem Einzug in das Gemeindezentrum über ein erzieherisches Rundumangebot auf hohem Niveau.

Bedeutung Die Prämisse, ein Höchstmaß an Unterstützung zu bieten, gilt bei der IKG nicht nur für die Kinder. Diesen Maßstab legt auch die Sozialabteilung an, die ebenfalls im Gemeindezentrum untergebracht ist und aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Vom Jakobsplatz aus werden unzählige soziale Projekte angeschoben, hier laufen die Drähte zusammen.

Die Entwicklung des Gemeindezentrums zu einem pulsierenden Hotspot der Stadt innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat Charlotte Knobloch in diesem Ausmaß nicht erwartet, umso überzeugter ist sie jetzt: »Das Gemeindezentrum war das Beste, was wir tun konnten.«

Berlin

Zeichen der Solidarität

Jüdische Gemeinde zu Berlin ist Gastgeber für eine Gruppe israelischer Kinder

 15.04.2024

Berlin

Koscher Foodfestival bei Chabad

»Gerade jetzt ist es wichtig, das kulturelle Miteinander zu stärken«, betont Rabbiner Yehuda Teichtal

 07.04.2024

Hannover

Tränen des Glücks

Auf der Damentoilette gibt es eine Schminkorgie, während Backstage auch mal die Gefühle durchgehen. Aber »je näher der Abend, desto geringer die Aufregung«

von Sophie Albers Ben Chamo  31.03.2024

Hannover

»Alle sollen uns hören und sehen!«

Tag zwei der Jewrovision beweist, dass immer noch mehr Energie möglich ist. Nach Workshops und Super-Hawdala geht es zur Kirmes und auf die Zielgerade zur Generalprobe am Sonntagvormittag

von Sophie Albers Ben Chamo  30.03.2024

Jewrovision

Perfekter Auftritt

Der Countdown zur 21. Jewrovision läuft. Rund 1300 Teilnehmer und Gäste aus den deutschen Gemeinden purzeln in Hannover aus den Bussen und bereiten sich auf das große Finale am Sonntag vor: Time to Shine!

von Sophie Albers Ben Chamo  29.03.2024

Hannover

Tipps von Jewrovision-Juror Mike Singer

Der 24-jährige Rapper und Sänger wurde selbst in einer Castingshow für Kinder bekannt

 26.03.2024

Berlin

Purim für Geflüchtete

Rabbiner Teichtal: »Jetzt ist es wichtiger denn je, den Geflüchteten die Freude am Feiertag zu bringen«

 21.03.2024

Centrum Judaicum Berlin

Neue Reihe zu Darstellungen von Juden in DDR-Filmen

Im April, Mai, August, September und Oktober werden die entsprechenden Filme gezeigt

 20.03.2024

Stiftungsgründung

Zentralrat der Juden ordnet Rabbinerausbildung neu

Das Abraham Geiger Kolleg und das Zacharias Frankel College sollen durch eine neue Trägerstruktur abgelöst werden - mit Unterstützung der staatlichen Zuwendungsgeber

 26.02.2024