70 Jahre Kriegsende

»Eine schmerzende Wunde«

Mit einer eindrucksvollen Gedenkfeier und einer Kranzniederlegung auf dem Neuen Israelitischen Friedhof hat die IKG aus Anlass des 70. Jahrestages des Kriegsendes ein Kapitel der Geschichte ins Gedächtnis zurückgerufen, das gerade in Deutschland wenig bekannt ist. Jüdische Soldaten hatten einen wichtigen Anteil am Kampf gegen den Nationalsozialismus und an der Befreiung der Welt von einem beispiellosen Terror-Regime. Mehr als eineinhalb Millionen Juden kämpften in den Armeen der Alliierten.

An der Veranstaltung nahmen neben prominenten Vertretern des politischen und religiösen Lebens auch zahlreiche Veteranen der ehemaligen Alliierten sowie Angehörige des Diplomatischen Corps teil. Erschienen waren zudem der Generalkonsul der Russischen Föderation, Sergej Pavlovitsch Ganzha, sowie seine Amtskollegen Vadym Kostiuk aus der Ukraine, Aleksandr Ganevich aus der Republik Belarus und Bill Oeller aus den Vereinigten Staaten.

Denkmal IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch wies in ihrer Rede auf eine Besonderheit des Neuen Jüdischen Friedhofs hin und lobte in diesem Zusammenhang ganz besonders das frühere langjährige IKG-Vorstandsmitglied Ariel Kligmann. Ihm sei es zu verdanken, dass hier das Denkmal von Alexander Shimanovskiy für die gefallenen jüdischen Soldaten des Zweiten Weltkriegs stehe, erklärte Charlotte Knobloch. Es ist das einzige derartige Denkmal in Deutschland.

Als »größten Sieg über den Nationalsozialismus« bezeichnete die IKG-Präsidentin die Tatsache, dass im demokratischen Deutschland, auch in der einstigen »Hauptstadt der Bewegung« München, jüdische Veteranen der Roten Armee und Holocaust-Überlebende und deren Nachkommen leben. »Heute gedenken wir gemeinsam und feiern gemeinsam die Befreiung vom Nationalsozialismus. Gemeinsam sind wir hier angekommen, im ehemaligen Land des Feindes, im ehemaligen Land der Mörder«, so Charlotte Knobloch.

Soldaten, wie die zur Gedenkfeier erschienenen Veteranen, hätten das Vernichtungslager Auschwitz und andere Konzentrationslager befreit und den letzten noch lebenden Häftlingen das Leben gerettet, hob die Präsidentin hervor. Doch alle wüssten auch, dass es viel zu viele gewesen seien, die im Kampf um die Freiheit ihr Leben lassen mussten. »Ihr Tod hat eine schmerzende Wunde in unsere Herzen und eine Lücke in diese Welt geschlagen. Sie wird sich nicht schließen, sondern offen bleiben. Durch sie blicken wir auf unser Leben heute. So zeigt es dieses Denkmal«, betonte Charlotte Knobloch.

Aufgabe Mit Blick auf den 8. Mai 1945, an dem ein »fürchterlicher Krieg und die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten endeten«, erinnerte Landtagspräsidentin Barbara Stamm daran, wie wertvoll Freiheit und Demokratie, Frieden und die Wahrung der Menschenrechte seien. »Wir wissen aber auch«, sagte sie, »dass das nicht selbstverständlich ist. Es bleibt unsere Aufgabe, immer aufs Neue für diese Werte einzutreten. Das sind wir den Opfern, das sind wir unseren Kindern und Enkeln schuldig.«

Ebenso wie die Landtagspräsidentin bezeichnete auch IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch Kultusminister Ludwig Spaenle, der als Vertreter von Ministerpräsident Horst Seehofer an der Gedenkstunde teilnahm, als einen aufrichtigen und echten Freund der jüdischen Gemeinde. Der Minister seinerseits bezeichnete das Gedenken an die jüdischen Soldaten als »weitere wichtige Wegmarke in unserem Erinnern«. Erinnern, betonte er, sei weit mehr als ein bloßes Ritual. Vielmehr gehe es darum, den Opfern eine Stimme zu geben, ihnen Zeit durch Nachdenken zu schenken. »Wir werden wachsam sein, damit unser Land für alle Menschen eine stabile Demokratie bleibt, in der jeder in Frieden und Freiheit leben kann«, versprach der bayerische Kultusminister.

Stadtrat Florian Roth, der Oberbürgermeister Dieter Reiter vertrat, richtete seine Worte zuerst an die jüdischen Veteranen. »Sie trugen dazu bei«, erklärte er, »dass die menschenverachtende mörderische Ideologie des Nationalsozialismus nicht den Sieg davontrug.« Er ging auf die besondere Rolle Münchens und die erst wenige Tage zurückliegende Eröffnung des NS-Dokumentationszentrums ein. »Es war ein weiterer, längst überfälliger Schritt, damit München sich seiner braunen Vergangenheit als sogenannte Hauptstadt der Bewegung, wie sie die Nazis bezeichneten, stellt«, sagte Roth.

Bilanz »München trägt Schuld«, lautete Roths ebenso nüchterne wie zutreffende Bilanz. Er erinnerte daran, dass sich in München die NSDAP gebildet und hier Adolf Hitler gelebt hat, dass hier die Parteizentrale der Nationalsozialisten ihren Sitz gehabt hatte und das »Münchner Abkommen« unterzeichnet wurde. »Der Krieg hat je nach Rechenweise zwischen 50 und 80 Millionen Menschen das Leben gekostet«, erklärte Roth. »Darunter auch all diejenigen heldenhaften jüdischen Gefallenen, denen heute unser Gedenken gilt.«

Für die jüdischen Veteranen ergriff Salomon Brandobovski das Wort, der beim Angriff Nazideutschlands auf die Sowjetunion in Minsk lebte, eine der ersten Städte, die Opfer der mörderischen Aggression wurden. In seiner emotionalen Rede erinnerte er daran, dass Krieg immer die junge Generation besonders hart treffe, wie es auch in seinem sozialen Umfeld und seiner Familie damals gewesen sei.

Der Kriegsveteran brachte seinen Dank gegenüber der jüdischen Gemeinde Münchens zum Ausdruck, da auf dem Friedhof viele ehemalige Frontkämpfer ihre letzte Ruhe gefunden haben. Die Bundesrepublik, in der wie er heute auch viele andere jüdische Veteranen des Zweiten Weltkriegs leben, sei ein gastfreundliches Land, berichtete er – und richtete einen Appell an die junge Generation, alles dafür zu tun, dass Deutschland ein demokratisches und freies Land bleibe.

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