RIAS

Anlaufpunkt vor Ort

Vor einem Jahr hat der frühere bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle sein neues Amt als Antisemitismusbeauftragter angetreten. Eine seiner ersten Amtshandlungen führte ihn ins Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.

Dort sprach er mit dem Vorstand über das Profil seiner Tätigkeit. Ein zentrales Thema dabei war die Einrichtung einer Meldestelle für antisemitische Vorfälle. In der vergangenen Woche erfolgte der Start des Projekts.

RIAS Bayern heißt die neue Einrichtung in Kurzform, der volle Name lautet Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern. Zu erreichen ist sie unter www.rias-bayern.de oder telefonisch über die Nummer 0162/295 19 61. Dorthin können sich ab sofort Opfer und Zeugen antisemitischer Vorfälle wenden.

SCHULE Die Einrichtung registriert und analysiert alle Fälle von der Belästigung bis zu strafrechtlich relevanten Handlungen. »Wir wollen das Ausmaß des Antisemitismus in Bayern abbilden. Sei es, dass ein jüdisches Kind in der Schule abfällige Kommentare zu hören bekommt oder Israel als Apartheidstaat bezeichnet wird, wir bieten einen Anlaufpunkt«, sagte Leiterin Annette Seidel-Arpacı bei der offiziellen Vorstellung von RIAS Bayern in der vergangenen Woche.

Finanziert wird die Meldestelle aus Mitteln des Bayerischen Sozialministeriums.

Mit der niedrigschwelligen Meldestelle, die Antisemitismus auch außerhalb des strafrechtlichen Rahmens erfassen soll, wird ein wichtiges Anliegen der jüdischen Gemeinschaft umgesetzt. »Nur so«, hatte IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch schon im Vorfeld erklärt, »kann das ganze Ausmaß von Antisemitismus sichtbar gemacht werden.« Seit Jahren weist sie auf diese Notwendigkeit hin.Organisatorisch ist die Meldestelle zunächst unter dem Dach des Bayerischen Jugendrings (BJR) angesiedelt. Ab 2020 soll dann ein zivilgesellschaftlicher Verein als Träger fungieren.

Finanziert wird die Meldestelle aus Mitteln des Bayerischen Sozialministeriums. 381.000 Euro stehen dafür zur Verfügung. Sozialministerin Kerstin Schreyer hält die Meldestelle für eine wichtige Entscheidung. Bei der offiziellen Vorstellung sagte sie: »Antisemitismus ist ein Problem der gesamten Gesellschaft und in seinen unterschiedlichen Ausprägungen nicht immer leicht zu erkennen. Daher sehe ich in der Arbeit von RIAS Bayern die Möglichkeit, Antisemitismus sichtbar zu machen und dadurch für seine verschiedenen Gesichter zu sensibilisieren. RIAS Bayern ist ein wichtiger Baustein für die Prävention von Antisemitismus in Bayern.«

BJR-Präsident Matthias Fack hob das große Engagement des Jugendrings hervor, der sich seit seiner Gründung für eine demokratische und weltoffene Gesellschaft einsetze. Auch er wies auf die Zunahme von Antisemitismus hin. »Wir stellen fest: Antisemitismus wird stärker und lauter.« Umso mehr freue sich der BJR, mit RIAS einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Judenfeindlichkeit leisten zu können.

Polizei RIAS bietet nach Überzeugung von Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, eine sehr gute Möglichkeit, jenseits der Behörden Vorfälle zu melden. »Die Betroffenen haben manchmal eine Scheu, zur Polizei zu gehen, oder halten den Vorfall für nicht relevant genug, um ihn anzuzeigen. Dennoch leiden sie unter dem, was sie erlebt haben«, stellte er fest.

Benjamin Steinitz, Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus, begrüßt die Initiative Bayerns ausdrücklich. »Aus der Arbeit von RIAS Berlin wissen wir, wie wichtig eine regionale Verankerung und eine Ansprechbarkeit vor Ort für Betroffene sowie ein funktionierendes Unterstützungsnetzwerk sind«, betonte er. Der Start von RIAS Bayern ist seinen Worten zufolge auch ein wichtiger Schritt hin zu einer flächendeckenden und bundesweit einheitlichen Dokumentation antisemitischer Vorfälle.

Für die Einrichtung der Meldestelle hatte
sich vor allem Ludwig Spaenle eingesetzt.

Für die Einrichtung der Meldestelle hatte sich vor allem Ludwig Spaenle eingesetzt, der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe. »Die wachsende Zahl der Straftaten macht diese Meldestelle unverzichtbar«, erklärte er. Die Sichtbarmachung von Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Ausprägungen liefere einen Ansatz, dagegen anzugehen. Gleichzeitig müsse es über die Meldestelle hinaus aber ein Anliegen sein, auch das jüdische Leben in seiner Vielfalt sichtbar zu machen, sagte er.

Definition Die Erfassung der Vorfälle orientiert sich an der Antisemitismusdefinition der Internationalen Allianz für Holocaustgedenken. Laut der Definition richtet sich Antisemitismus in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Personen, deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.

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