Antisemitismusforschung

Zum Vergleich

von Martin Krauss

Angekündigt war es als ganz normale Arbeitstagung eines wissenschaftlichen Instituts. Aber an der Fachkonferenz »Feindbild Muslim – Feindbild Jude«, die am Montag, veranstaltet vom Zentrum für Antisemitismusforschung, an der Technischen Universität stattfand, hatte es im Vorfeld, vor allem im Internet, massive Kritik gegeben (siehe Einspruch, S. 1). Grund für den Leiter des Zentrums, den Historiker Wolfgang Benz, zunächst auf die Spielregeln einer Konferenz hinzuweisen: »Wir reden hier auf der akademischen Ebene.« Und, fügte er hinzu: »Was aus dem Internet gegen uns abgeschossen wird, ist unerfreulich.«
So ganz anonym war die Kritik freilich nicht. Der Hamburger Publizist und Politologe Matthias Küntzel beschuldigte auf seiner Website das Zentrum für Antisemitismusforschung, »auf Abwegen« zu sein, im Tagungstitel fände eine Gleichsetzung statt, mit der »der Holocaust trivialisiert« werde. Küntzels Kritik schlug Wellen, so dass die kleine Tagung ein enormes Echo erhielt: Mehr als 200 Teilnehmer, darunter viele Journalisten, kamen, und die Abschlussrunde wurde vom Rundfunk Berlin-Brandenburg im Radio übertragen.
Weisen Vorurteile gegen Muslime Parallelen zum Judenhass auf? Dazu sprach Angelika Königseder, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Zentrums. Ja, sagt sie, denn wie beim Antisemitismus werde bei der Islamophobie nicht zwischen den Taten Einzelner und der Religion unterschieden. In beiden Fällen gebe es Verschwörungstheorien – von der jüdischen Welt-
herrschaft auf der einen, von der schleichenden Islamisierung auf der anderen Seite. Auch wenn man ins Detail geht, könnten die Ergebnisse der Antisemitismusforschung helfen, die Vorurteile gegen Muslime und den Islam zu verstehen. Königseder sieht etwa Parallelen zwischen den Diskussionen über den Synagogenbau im 19. Jahrhundert und über Moscheebauten in der Gegenwart.
Moscheen und Kopftücher seien mittlerweile zu Symbolen einer angeblichen Islamisierung geworden, dabei hätten sie primär etwas mit Religion zu tun, nichts mit Islamismus. Königseder verwies auch darauf, dass die Kritik beispielsweise am Kopftuch erst aufkam, als auch Muslima Zugang zu renommierten Berufen bekamen: »Die türkische Putzfrau mit Kopftuch wurde noch belächelt«, jetzt aber gebe es eine Konkurrenz um Arbeitsplätze.
Im Anschluss wies Sabine Schiffer von der Universität Erlangen darauf hin, dass die Antisemitismusforschung der letzten Jahrzehnte ein wichtiges Ergebnis zutage gefördert habe: Sie habe gezeigt, dass, um Judenhass zurückzuweisen, man nicht mehr im Judentum nachschauen müsse, ob nicht doch etwas dran sei. Ähnliches müsse für den Islam geleistet werden.
Die Thesen wurden im Anschluss so diskutiert, wie sich Wolfgang Benz das erhofft hatte: Im akademischen Rahmen, der auf Kritik nicht verzichtete, aber vor allem auf Erkenntnisgewinn setzte.

Diplomatie

Netanjahu geht auf Belgiens Premier los

Für seine Entscheidung, Palästina als Staat anzuerkennen, wird Bart De Wever vom israelischen Ministerpräsident persönlich attackiert

von Michael Thaidigsmann  04.09.2025

Hannover

Angriff auf Gedenkstätte: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

Ein 26-jähriger Rechtsextremist war im Mai in Budapest festgenommen worden

 02.09.2025

Nahost

Deutscher Beauftragter für Menschenrechte reist nach Israel

Lars Castellucci macht sich ein persönliches Bild von der Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten. Ein Augenmerk liegt darauf, wo deutsche Hilfe möglich ist - und wo sie behindert wird

 01.09.2025

Rotes Meer

Huthi greifen Öltanker an

Das Schiff gehört einem israelischen Milliardär

 01.09.2025

Ankara

Türkei bricht Handelsbeziehungen zu Israel ab

Der Handel der Türkei mit Israel belief sich im Jahr 2023 noch auf mehrere Milliarden US-Dollar. Nun bricht die Türkei alle Handelsbeziehungen zu Israel ab. Doch es ist nicht die einzige Maßnahme

 29.08.2025

Geburtstag

Popstar der Klassik: Geiger Itzhak Perlman wird 80

»Sesamstraße«, »Schindlers Liste« und alle großen Konzertsäle der Welt natürlich sowieso: Der Geiger gehört zu den ganz großen Stars der Klassik. Jetzt wird er 80 - und macht weiter

von Christina Horsten  29.08.2025

Bonn

Experte: Opfer mit Bewältigung von Rechtsterror nicht alleinlassen

Der erste NSU-Mord liegt beinahe 25 Jahre zurück. Angehörige der Opfer fordern mehr Aufmerksamkeit - und angemessenes Gedenken, wenn es um rechtsextreme Gewalt geht. Fachleute sehen unterschiedliche Entwicklungen

 29.08.2025

Frankfurt am Main

Michel Friedman will nicht für TikTok tanzen

Es handle sich um eine Plattform, die primär Propaganda und Lügen verbreite, sagt der Publizist

 28.08.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 25.08.2025