„Mibereshit“-Hefte

Witzig, bunt und lehrreich

von Ronen Guttman

»Wer hätte das gedacht«, staunt Dani Altmann und blickt verdutzt in den Saal des Max-Willner-Heimes in Bad Sobernheim. Es ist Schabbat, und die 50 Kinder des Winterferienlagers der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWSt) sitzen oder liegen in Grüppchen auf dem Boden, sind in bunte Broschüren vertieft, die der Madrich zuvor ausgeteilt hatte. »Eigentlich waren die «Mibereshit»-Hefte zum Mitnehmen gedacht«, murmelt er, eher ein i-Tüpfelchen auf seinem Programm zum aktuellen Toraabschnitt dieser Woche. Die Minuten vergehen, und die 10- bis 13-jährigen Mädchen und Jungen scheinen Hunger und Zeit völlig vergessen zu haben, sie lesen einfach weiter. Schließlich erzwingt Mitleid mit dem wartenden Koch ein Machtwort. »Lesen könnt ihr auch später«, beendet der 18-Jährige die ungewohnte Stille im zuweilen recht lauten Machane-Betrieb.
»Kein Wunder«, meint Iris Elkabets-Rozen lachend. Die Betreuerin des »Mibereshit«-Projekts für Deutschland mit Sitz in der Hebelstraße in Frankfurt am Main, weiß, dass »Mibereshit« Kinder fasziniert. Und sie vermutet, dass sie die Hefte bereits von zu Hause kennen. Denn beinahe alle großen Gemeinden und viele jüdische Bildungseinrichtungen nutzen das neue Angebot der knallbunten Heftchen aus Israel, die in Deutschland über die ZWSt vertrieben werden.
»Kindgerechte Aufmachung, die Parascha als Comicstrip, interessante Vorstellungen besonderer jüdischer Persönlichkeiten, immer spannend und witzig«, be- schreibt die Koordinatorin das Heft. Bevor die beinahe 4.000 Exemplare rund um den Wochenabschnitt in Israel gedruckt werden, erhält sie die Liste aller aktuellen und verfügbaren Module, unter denen sie frei auswählen kann. Für die Übersetzung sorgt Iris Elkabets-Rozen in der Regel selbst, nur manchmal wird sie in Israel gemacht.
»Während einige Inhalte in unregelmäßigen Abständen erscheinen und so für Abwechslung sorgen, behalten wir einige Rubriken dauerhaft bei«, erklärt Elkabets-Rozen. »Vor allem die Abenteuer der Kinder, die mit ihrer Zeitmaschine in die Vergangenheit reisen und so in die Situation des Toraabschnittes gelangen, wird Woche für Woche weitererzählt. Die jungen Leser lieben diese Story.« Im kommenden Heft zur Parascha Waera wird zusätzlich unter der Rubrik »Wunder der Schöpfung« das Geheimnis des Salzes in den Meeren gelüftet, Eilat als besonderer Ort in Israel vorgestellt und in »Du bist der Richter« das Urteilsvermögen der Kinder getestet.
Ein Belohnungssystem sorgt für den ständigen Kontakt zu vielen Kindern und zugleich für Feedback. »Nach dem Lesen unterschreiben auf der letzten Seite des Hefts die Erzieher oder die Eltern«, erläutert die Koordinatorin. Für jedes zumindest teilweise gelesene Heft erhält das Kind einen Sticker, den es später einlösen kann. »Für die Aufkleber kriegen die Kinder dann beispielsweise Lineale, Lesezeichen oder ein Türschild, natürlich im farbenfrohen Design der ‚Mibereshit‘-Hefte«, zählt Iris Elkabets-Rozen auf. Die Organisatoren möchten die jungen Leser damit motivieren und über lange Zeit an das Projekt binden. Dem selben Ziel dienen besondere Aktionen, wie zur Zeit ein Purim-Malwettbewerb.
»Wir wollen, dass die Kinder ihre Religion stärker in den Alltag aufnehmen, unabhängig vom Religionsunterricht oder den Sonntagen in den Jugendzentren. Wir wollen, dass sie das Heft mit nach Hause nehmen, gelegentlich mal hineinschauen und ab und zu etwas neues dazulernen«, erklärt Iris Elkabets-Rozen. Mit Erfolg, wie sie meint, denn neben den großen Gemeinden und Institutionen, wie den jüdischen Grundschulen in Berlin, Frankfurt oder Köln, erreichen die Hefte vermehrt auch die kleineren Gemeinden. »Das ist wichtig, denn ‚Mibereshit‘ kann strukturelle Lücken schließen.« Die Kontakte zu den Lehrern und den Gemeinden werden gepflegt, und Elkabets-Rozen weiß, dass die bunten Heftchen immer mehr Einzug in den Religionsunterricht, die Jugendzentren und sogar Kindergärten halten. Die steigende Auflage und Nachfrage, vor allem die vielen eingesendeten Sticker aus dem gesamten Bundesgebiet, zeugen vom Erfolg des Projekts seit seinem Start im vergangenen Oktober.
In Ländern mit großen jüdischen Gemeinschaften gehört »Mibereshit« bereits seit einigen Jahren zum Gemeindeleben. Vor fünf Jahren begründete Rabbiner Mordechai Elon, der Leiter der bekannten Ha-Kotel-Jeschiwa in Jerusalem, das Projekt. »Er genießt größte Popularität in Israel«, sagt Elkabets-Rozen, die zeitweise dort gelebt hat. »Er erreicht die Menschen, ob religiös oder nichtreligiös.« Elons offener Umgang mit Menschen aller Altersgruppen und seine verständlichen allwöchentlichen Ansprachen in Fernsehen und Rundfunk kurz vor Schabbatbeginn haben ihn bekannt gemacht.
Mit »Mibereshit« ist es Rabbiner Elon gelungen, ein kindgerechtes »Daf Jomi« zu etablieren. Unter »Daf Jomi« versteht man eigentlich die täglich zu lesende Talmudseite, aber aus Tradition werden wöchentliche Schriften zu den Toraabschnitten vermehrt ebenso genannt. »Mibereshit« ist bunt, witzig, spannend – und perfekt organisiert. Das ist das Erfolgsgeheimnis. »Und durch das modulare System kann weltweit auf umfangreiche Inhalte zurückgegriffen werden«, sagt Elkabets-Rozen begeistert. »Endlich haben wir es geschafft, ‚Mibereshit‘ auch nach Deutschland zu holen.«

www.zwst-mibereshit.de

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025

Washington

Trump droht Hamas mit dem Tod

Die palästinensische Terrororganisation will ihre Herrschaft über Gaza fortsetzen. Nun redet der US-Präsident Klartext

von Anna Ringle  16.10.2025

Terror

Hamas gibt die Leichen von Tamir Nimrodi, Uriel Baruch und Eitan Levy zurück

Die vierte Leiche ist ein Palästinenser

 15.10.2025 Aktualisiert

München

Friedman fordert Social-Media-Regulierung als Kinderschutz

Hass sei keine Meinung, sondern pure Gewalt, sagt der Publizist. Er plädiert für strengere Regeln

 10.10.2025