Einspruch

Wir Ruhestörer

Der Journalist Eugen El Foto: Robert Schittko

»Sind wir schon wieder so weit?« – Mit dieser Frage begann ein vergangene Woche in »Die Zeit« abgedruckter Leserbrief zur documenta fifteen und dem eindeutig antisemitische Motive zeigenden Bild des Künstlerkollektivs Taring Padi.

Und nein, der Leser beklagte nicht etwa den beispiellosen Dammbruch im Herzen der Kasseler Weltkunstausstellung. Vielmehr schrieb er: »Kunstferne Menschen brachten es fertig, dass ein Kunstwerk zuerst durch einen schwarzen Vorhang unsichtbar gemacht und dann vollständig entfernt wurde.«

»bevormundung« Dann ist da noch von »Bevormundung« der Gesellschaft durch »kunstferne Eiferer« die Rede. Allein schon die raunende Sprache dieses Leserbriefs ist ein Skandal. Doch diese Äußerung ist noch mehr: nämlich symptomatisch für die gesamte laufende documenta-Debatte und etliche vorangegangene öffentliche Auseinandersetzungen um Antisemitismus und jüdisches Leben in Deutschland. Deren Tenor lässt sich in etwa wie folgt zusammenfassen: Nicht die Antisemiten sind das Problem, sondern diejenigen, die den Judenhass lautstark anprangern.

Zu der Schuldumkehr kommen oft Zensurvorwürfe hinzu.

Zu der Schuldumkehr kommen oft Zensurvorwürfe hinzu. Ob in der Beschneidungsdebatte 2012, der Debatte um Vaterjuden im vergangenen Jahr, der schwelenden Auseinandersetzung um BDS oder den unzähligen »Israel-Kritik«-Schüben zwischendurch: Die irgendwie viel zu konservativen, engstirnigen, zu sehr auf ihren Werten und Prinzipien beharrenden Juden stehen der sich aufgeklärt und progressiv gebenden deutschen Öffentlichkeit zunehmend im Weg.

muster Das Muster ist nicht neu. Nicht umsonst nannte Marcel Reich-Ranicki seinen 1973 zuerst erschienenen Band über Juden in der deutschen Literatur seit Ludwig Börne und Heinrich Heine Über Ruhestörer.

»Sind wir schon wieder so weit?« – Die Eingangsfrage des Leserbriefschreibers ließe sich auch auf die jüdische Erfahrung von Ausgrenzung und Verachtung beziehen. Dann muss man sie nämlich mit einem klaren Nein beantworten: Seit Börne und Heine haben sich die Zeiten offenbar nicht sehr geändert.

Meldungen

Preis, Genehmigung, Siedler

Kurznachrichten aus Israel

von Sabine Brandes  03.12.2024

Gemeindebarometer

So geht es uns

Eine Umfrage des Zentralrats zeigt, wie sich Jüdinnen und Juden fühlen – und was ihnen wichtiger geworden ist

von Christine Schmitt  03.12.2024

Berlin

75 Jahre Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit

Am Sonntag wird gefeiert und auch ein neues Buch präsentiert

 30.11.2024

Nahost

Waffenruhe scheint zu halten

Die Lage am Freitagmorgen

 29.11.2024

Potsdam

In der Tradition des liberalen deutschen Judentums

Die Nathan Peter Levinson Stiftung erinnerte an ihren Namensgeber

 28.11.2024

Berlin

Polizei bei Maccabi-Spiel mit 1500 Beamten im Einsatz

Aus Sorge vor Protesten und Ausschreitungen wird das Spiel von Maccabi Tel Aviv in Berlin massiv geschützt

 28.11.2024

Krefeld

Sieben Stolpersteine gestohlen

Der Staatsschutz der örtlichen Polizei ermittelt

 28.11.2024

Berlin

Vor Maccabi-Spiel: Gefährderansprachen und Messerverbot

Das heutige Basketballspiel steht laut Senatorin Iris Spranger unter besonderem Schutz der Polizei

 28.11.2024

Berlin

CDU-Fraktionschef sieht Krise des Zusammenhalts

Dirk Stettner betont Bedeutung von Solidarität mit Judentum und Israel

 28.11.2024