Defiance

Wildwest in Weißrussland

von Jessica Jacoby

Die Tatsache, dass nicht alle Juden sich während der Schoa wie die sprichwörtlichen Lämmer zur Schlachtbank führen ließen, ist inzwischen auch in Hollywood angekommen. Defiance heißt der Spielfilm von Edward Zwick über die weißrussische Partisanengruppe der Bielski-Brüder, der diese Woche in den hiesigen Kinos anläuft. Das englische Wort »Defiance« bedeutet »Trotz« oder »Widerstand«. In Deutschland firmiert die Produktion unter dem bilingualen Titel Unbeugsam – Defiance.
Der Film beruht auf dem gleichnamigen Sachbuch der Historikerin und Soziologin Nechama Tec von 1993. Sie erforschte die Geschichte der erfolgreichsten jüdi- schen Freischärler des Zweiten Weltkrieges, die im Nalibokiwald operierten und dort zwischen 1941 und 1944 ein wohlorganisiertes Familienlager unterhielten, das 1.200 Menschen das Überleben ermöglichte. Geführt wurde die »Bielski Otriad« von den Brüdern Tuvia, Zus und Asael Bielski. Asael fiel kurz vor Ende des Krieges. Seine älteren Brüder emigrierten zunächst nach Israel, später nach New York, arbeiteten als Taxi- und Lastwagenfahrer und sprachen bis zu ihrem Tod nicht einmal mit ihren Kindern mehr als in Andeutungen über ihre Jahre im Wald.
Nechama Tecs Studie fiel dem Drehbuchautor Clayton Frohman in die Hände, der daraus ein Skript machte und seinem Freund Edward Zwick die Regie antrug. Zwick, der zuvor Filme wie Blood Diamond und The Last Samurai gemacht hatte, engagierte die Stars Daniel Craig, Liev Schreiber und Jamie Bell als Darsteller der Gebrüder Bielski.
Die Produktionszeit betrug über zehn Jahre, heißt es stolz im Presseheft. Doch was lange währt, ist keine Garantie für Qualität. Zwick mischt ein wenig Geschwisterrivalität samt schlussendlicher Versöhnung mit viel Pyrotechnik und einem gerüttelt Maß Liebesromantik, gibt süßliche Musiksoße dazu, und fertig ist ein Actiondrama, das amerikanische Seh- und Hörgewohnheiten bedient. Daniel Craig als Tuvia Bielski avanciert zum Moses von Naliboki, der die ganze Gruppe durch schilfumstandenes Gewässer waten lässt. Und das Schönste ist, dass auch im weißrussischen Wald Englisch gesprochen wird. Natürlich nur von den Guten. Die bösen, antisemitischen Russen dagegen knurren russisch, die deutschen Schäferhunde auf zwei oder vier Beinen bellen deutsch.
Tiefer gehende Fragen, die der Film zu verhandeln vorgibt – wie bleibt man menschlich in einer unmenschlichen Situation, wie geht man in einer Widerstandsgruppe mit Dissidenten um, hat die Rettung möglichst vieler Menschen Priorität oder die Tötung möglichst vieler Feinde? – bleiben dabei auf der Strecke. Regisseur Zwick wollte keinen Dokumentarfilm machen, sondern aufregende Unterhaltung, sagt er. Das ist allerdings mit dem gleichzeitig formulierten Anspruch auf Authentizität schwer vereinbar. Schon gar nicht, wenn behauptet wird, Personen und Ereignisse des Films seien reine Fiktion, Ähnlichkeit mit realen Personen und Ereignissen purer Zufall. Das haben die Bielski- Brüder nicht verdient und halbwegs intelligente Zuschauer auch nicht. Vielleicht nimmt sich ja doch noch jemand der Sache an und produziert einen Dokumentarfilm, der diesen jüdischen Widerstandskämpfern gerecht wird.

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025