Bund jüdischer Soldaten

Vorhut mit Rückblick

von Tobias Kühn

Es beginnt mit einem Mißverständnis. Am 8. November geben sieben Bundeswehrsoldaten die Gründung eines »Bundes jüdischer Soldaten e.V.« bekannt. Anlaß ist eine Veranstaltung der Bundeswehr zum Gedenken an die Reichspogromnacht. Der stellvertretende Vorsitzende des neuen Vereins, Oberstleutnant Gideon Römer-Hillebrecht, sagt am Ende, er hoffe, daß es den wenigen jüdischen Soldaten gelingen möge, in den jüdischen Gemeinden ein realistisches Bild der Bundeswehr zu zeichnen. Ein Satz, den die Nachrichtenagentur dpa an die Spitze ihrer Meldung setzt: »68 Jahre nach der Pogromnacht bekennen sich deutsche Juden mit einer eigenen Organisation zur Bundeswehr.« Der neugegründete »Bund jüdischer Soldaten« wolle »mehr Deutsche jüdischen Glaubens für die Bundeswehr begeistern«.
Eine Meldung, die zunächst für Aufsehen und Irritationen sorgt. Oberstleutnant Gideon Römer-Hillebrecht: »Niemals werden wir unter Juden aktiv Werbung für die Bundeswehr machen.« Man müsse verstehen, daß es in den jüdischen Gemeinden Vorbehalte gegen die Bundeswehr gebe, diese seien vielleicht rational nicht erklärbar, aber emotional verständlich. Viele sähen eine gewisse Verbindung zwischen der alten Wehrmacht und der Bundeswehr. Wenn deutsch-jüdische Jugendliche Wehrdienst leisten möchten, dann würden die meisten die israelische Armee bevorzugen, sagt Römer-Hillebrecht. Auch zwei seiner Söhne haben das vor. »Der Verband soll in den Gemeinden darstellen, wie die Bundeswehr wirklich ist«, so der Oberstleutnant.
Eigentlicher Zweck des Vereins, betont dessen Vorsitzender, der Militärhistoriker Hauptmann Michael Berger, sei aber »die Pflege des Andenkens an die jüdischen Soldaten, die in den Armeen der deutschen Staaten, des Kaiserreichs und der Weimarer Republik dienten«. Vor allem solle an das Schicksal der ehemaligen jüdischen Frontsoldaten des Ersten Weltkriegs und ihrer Familien in der NS-Zeit erinnert werden. Dies geschehe durch Erforschung und Dokumentation der Geschichte.
»Mit diesem Gedenken wirken wir gegen die Mär vom feigen deutschen Juden, die von den Rechten bis heute aufrechterhalten wird«, sagt Gideon Römer-Hillebrecht. Die Gründung des Bundes sei also auch ein Beitrag gegen Rechtsextremismus. »Der neue Bund setzt ein Zeichen dafür, daß es in der Bundeswehr auch Juden gibt«, sagt Stabsgefreiter Norbert Kagarlizkij, mit 25 Jahren jüngstes Mitglied des Verbands. Jeder Volljährige, der sich den Vereinszielen und dem Judentum verbunden fühlt, darf Mitglied werden. Anfragen nichtjüdischer Interessenten habe es noch nicht gegeben, sagt Berger. Sollte es dazu kommen, müsse man dies im Einzelfall prüfen.
»Wir sind keine Interessenvertretung jüdischer Soldaten in der Bundeswehr«, betont Römer-Hillebrecht. Für diese Belange sei der Zentralrat der Juden maßgeblich, der mit einem Vertreter im Beirat Innere Führung des Bundesverteidigungsministeriums sitze und den Minister in Fragen der Organisationsphilosophie berate. »Damit erreicht die jüdische Stimme direkt die politische Leitung und die militärische Führung der Bundeswehr.« Der »Bund jüdischer Soldaten« werde sich nicht zu politischen, innerjüdischen oder religiösen Fragen äußern, hebt Vereinsvorsitzender Michael Berger hervor. »Wir spiegeln die Pluralität der jüdischen Gemeinschaft wider, Streitfragen sollen bewußt nicht in den Verein getragen werden.« Stolz ist Berger, daß der mit zwölf Mitgliedern noch recht kleine Verein sogar einen Ehrenvorsitzenden hat: Michael Fürst. Dieser ging Mitte der 60er Jahre als einer der ersten Juden nach der Schoa zur Bundeswehr. Heute ist er Leutnant der Reserve und Vorsitzender des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen.

Hamburg

Zehn Monate auf Bewährung nach mutmaßlich antisemitischem Angriff

Die 27-Jährige hatte ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nach einer Vorlesung über antijüdische Gewalt attackiert

 28.04.2025

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025