Lörrach

Tief im Westen

von Heide Sobotka

Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint, sagt das Sprichwort. Gut gemeint hat die Israelitische Kultusgemeinde Lörrach ihre Broschüre über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das Buch, als Lörracher Heft 7 erschienen, ist aufwendig gestaltet: dickes Hochglanzpapier, schöne Fotos aus Geschichte und Gegenwart mit einem Stadtplan in der vorderen Umschlagklappe. In der hinteren findet sich eine Landkarte mit den Herkunftsländern, aus denen die heutigen Gemeindemitglieder stammen.
Markus Moehring, der Museumsleiter von Lörrach, schreibt Historisches zur Bedeutung jüdischen Lebens im Dreiländereck. Eine Zeittafel lässt jüdisches Leben an der unmittelbaren Grenze zu Frankreich und zu der Schweiz bis ins Jahr 1200 zurückverfolgen. Eine Namensliste nennt 27 Juden, die in das berüchtigte Konzentrationslager Gurs in den Pyrenäen verschleppt wurden. Viermal steht hier der Name Beck, dreimal Bloch, dreimal Joseph, dreimal Loeb. Ganze Familienverbunde wurden deportiert. Nüchtern einfach. Die Namen erzählen mehr als viele Worte. Und das ist gut so. Denn wo zu viele Worte gemacht werden, wirken sie verharmlosend. So heißt es etwa im Kapitel Jüdische Geschichte zwischen 1933 und 1995. »1935 vertiefen die ›Nürnberger Gesetze‹ (…) den Graben zwischen Ariern und Nichtariern.«
Unfreiwillig komisch liest sich sogar die Passage unter der Stichmarke 1940: »Mancher nützt die auf nur eine Stunde bemessene Frist bis zur Abreise dazu, seinem Leben freiwillig eine Ende zu setzen.« Kleine Ungenauigkeiten sind ebenfalls etwas störend, wenn die Mikwe als rituelles Frauenbad in seiner Bedeutung eingeschränkt wird.
Interessant – und in diesen Passagen verzeiht der Leser auch die etwas ungelenke Sprache – sind die Biografien der Mitbegründer der neuen Jüdischen Gemeinde Lörrach. Wie die Familie Weil, die ihre Geschichte am Ort bis ins Jahr 1850 zurückverfolgen kann. Das Leben von Georg Weinberg oder das Ehepaar Scheinker, das aus dem Baltikum über viele Umwege nach Lörrach gekommen ist. Ihre Geschichten sind beispielhaft für jüdisches Leben in Deutschland, sei es im Norden, Osten, Süden oder im äußersten Süd-Westen wie in Lörrach.
Schade, dass solche sprachlichen Ungenauigkeiten übersehen wurden. Schön an dem Heftchen ist, dass nicht nur die Vergangenheit beschrieben, sondern die jüdische Gemeinde heute lebendig abgebildet wird. Und das tut es, indem sich die jungen Tänzerinnnen von »Simcha« selbst biografisch vorstellen oder die jüdische Jugend beschrieben wird. In die Zukunft weist das Büchlein mit dem Traum von der neuen Synagoge, die inzwischen auch gebaut wird.

Jüdisches Leben in Lörrach: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft; Markus Moehring, Tatjana Bollinger (Hrsg.), Lörracher Hefte 7, Verlag Waldemar Lutz, Lörrach 2007

Hamburg

Zehn Monate auf Bewährung nach mutmaßlich antisemitischem Angriff

Die 27-Jährige hatte ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nach einer Vorlesung über antijüdische Gewalt attackiert

 28.04.2025

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025