Kirchenbesetzer

Sitzfleisch

von Frank Lachmann

Im Streit um die seit drei Monaten besetzte Paul-Gerhardt-Kirche in Bielefeld gibt es neue Entwicklungen. Ende vergangener Woche hat sich der Altpräses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Hans-Martin Linnemann, als Vermittler in den Konflikt eingeschaltet. Infolgedessen wird das Gebäude nur noch tagsüber besetzt. Zudem stellen die Besetzer ein Ende der Aktion in Aussicht, sollte ihnen die Landeskirche ein Angebot für eine vorläufige reguläre Weiternutzung unterbreiten. Die Paul-Gerhardt-Kirche soll im Rahmen einer Gemeindezusammenlegung an die Jüdische Kultus- gemeinde veräußert werden, die das Gebäude als Synagoge nutzen will. Zwischen den Besetzern und der Amtskirche schwelt seit Bekanntwerden dieser Pläne ein Streit um die Umstände der Fusion und die Legitimität eines Verkaufs des Gotteshauses.
Erstmals hat sich nun auch ein offizieller Vertreter der Stadt zur Situation geäußert. Oberbürgermeister Eberhard David (CDU) appellierte am Freitag an die Besetzer, sich demokratisch gefassten Entschlüssen zu fügen, kritisierte zugleich aber auch die Kirchenleitung für ihr Vorgehen. Diese habe den Verkauf des Gebäudes an die Kultusgemeinde im Hauruck-Verfahren durchsetzen wollen. Nun sei beiderseitige Verhandlungsbereitschaft gefragt. David nahm die Besetzer ausdrücklich gegen den Vorwurf des Antisemitismus in Schutz. Dieser »Ausdruck aus dem Wörterbuch der Political Correctness« werde als »Totschlagargument« eingesetzt, so der OB. Er spreche sich zwar klar für eine Synagoge in Bielefeld aus, doch dürfe man die Weigerung von Gläubigen, zu diesem Zweck ihre Kirche herzugeben, nicht als Antisemitismus bezeichnen.
Einer der damit Adressierten ist der Bielefelder Soziologe Heinz Gess. Er wirft den Besetzern auf seiner Homepage kritiknetz.de Nähe zu antijüdischem Gedankengut und Selbstherrlichkeit im Umgang mit demokratischen Verfahrensweisen vor. Zudem moniert Gess die seiner Meinung nach auffallend engen Beziehungen der Lokalprominenz und von Vertretern der örtlichen Justiz zu den Besetzern. Ende Mai wurde er von diesen angezeigt. Die Fachhochschule Bielefeld entfernte daraufhin seine Internetseite von ihren Servern und legte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihn ein. Bis heute seien ihm weder deren Inhalt noch die Gründe für die Anzeige mitgeteilt worden, so der 62-Jährige. Er betrachte sich als Opfer einer Zensurkampagne.
Die Besetzer um den ehemaligen Kirchmeister Hermann E. Geller verweisen darauf, dass sie über die Verkaufsabsichten der Kirche getäuscht worden seien. Mit der Jüdischen Kultusgemeinde als einziger Kaufinteressentin habe ihr Widerstand jedoch nichts zu tun. Geller räumt aber ein, dass sich die Besetzer im Hinblick auf das Verhältnis der evangelischen Kirche zum Judentum in Opposition zur Haltung der Landeskirche befinden. Besonders die Streichung des »Judenparagrafen« aus der Kirchenordnung und die damit einhergehende Abschaffung der Judenmission entsprächen nicht seinem christlichen Selbstverständnis. (vgl. »Einspruch«, Seite 1.)

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