Magier Mordechai Sohar

Simsalabim, Schalom

von Gil Yaron

Diplomaten kommen auf ihren Friedensmissionen in den Nahen Osten nie hierher. Doch im schmutzigen Süden Tel Avivs, wo die Straßen nach Urin und Dieselabgasen von Autobussen stinken, zwischen einem Sexshop und einer Falafelbude, steht der kleine Zauberladen von Mordechai Sohar, eine der wenigen erfolgreichen Friedensinitiativen der Region. »In diesem Land sind alle die ganze Zeit bedrückt, aber bei mir lachen die Leute«, sagt Mordechai mit kratzender Stimme.
Seit 40 Jahren ist der Kettenraucher im Geschäft, und seine Kundschaft kommt inzwischen aus aller Herren Länder. Profis aus Las Vegas und Thailand, Stars aus Jordanien, Gasa und Israel, oder einfach nur zauberbegeisterte Jungs aus Jerusalem: »Ich habe überall Kunden. Die Liebe zur Magie ist universell«, so der Mann, der vom Geheimwissen der Kartenkünstler und Frauenzerschneider lebt.
Zwischen Hexenpuppen, Papierblumen und Totenschädeln sitzt der kleine Mann mit dem ausladenden Bauch und den schwarzen Locken hinter der Theke und wartet auf eine freie Minute, in der keine Kundschaft seinen Laden durchstöbert. Gleich zu Anfang gibt Mordechai klare Spielregeln vor: »Es gibt keine Magie, niemand hat besondere Kräfte. Es ist eine Frage des Wissens, und meiner Requisiten.« Davon gibt es im Laden eine Vielfalt, genau gesagt mehr als 1.200. Vom Kartentrick für 50 Cent über den Glaskasten, in dem man eine Assistentin zersägen und nach Wunsch auch wieder zusammenfügen kann, bis zum Megatrick für 10.000 Englische Pfund Sterling, der ganze Ge-
bäude verschwinden lässt, ist hier alles erhältlich. »Magie ist eine Frage des Geldes. Du zahlst es, du kannst es«, so das Motto von Mordechai.
»Diko« ist der Künstlername des 61-Jährigen, der einmal einer der bekanntesten Zauberer Israels war. »Das war fürchterlich, ich konnte nur noch maskiert auf die Straße, alle wollten ständig einen Trick sehen oder ein Autogramm haben.« Heute lebt er inkognito, aber Spielzeugfirmen verkaufen weiter Zaubersets immer noch mit seinem Lächeln. Bald kommt auch in Europa seine Telepathiebox auf den Markt, mit der angehende Stars Gedankenlesen und Telekinese im Schnellverfahren lernen sollen. Doch der siebenfache Großvater gibt sich bescheiden, er habe ausgesorgt. Nun treibe ihn die Liebe zum Metier und der Wunsch, »jeden, der es sich wünscht, zum Zauberer zu machen. Mein innigster Wunsch ist, Menschen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern«, sagt Diko, der nachts manchmal in Kinderkrebsabteilungen unentgeltlich den grauen Alltag verschwinden lässt, und klingt dabei überzeugend.
Überraschen kann den alten Hasen nichts mehr. Für jeden Zaubertrick hat er eine enttäuschend einfache Erklärung parat. Für seinen berühmtesten Widersacher in Israel kann er allerdings keine guten Worte aus dem Hut zaubern: »Uri Geller ist ein Scharlatan. Er macht seine veralteten Tricks gut, aber sich als jemand mit übernatürlichen Kräften zu verkaufen, das ist Betrug.« Als der weltberühmte Löffelverbieger in Israel eine Fernsehshow startete, machte Mordechai sich einen Spaß daraus, einem Fernsehmoderator des Frühstücksfernsehens den beeindruckendsten Trick der Abendsendung des Vortages zu schenken. So fuhr dieser mit verbundenen Augen Motorrad, verbog Löffel mit Gedankenkraft oder hielt Uhren an.
Hinter dem kleinen Geschäft hat Diko eine Zauberschule eingerichtet. Nicht nur Kinder pilgern zu ihm, seine Schüler sind Christen aus Nazareth, Orthodoxe aus Jerusalem oder Muslime aus dem Westjordanland. Es gibt Kurse für russische Einwanderer, die dank der Tricks auch ohne Sprachkenntnisse einen Lebensunterhalt verdienen können und dabei noch Spaß haben. »Der Umstand, dass ich Menschen die Möglichkeit gegeben habe, sich zu ernähren, macht mich besonders stolz«, so Mordechai. Die signierten Bilder und Dankesbriefe arrivierter arabischer Zauberkünstler auf den Regalen sind Beweis dafür, dass Mordechais Requisiten grenzenlos zum Einsatz kommen. »Der Wunsch, überrascht und verzaubert zu werden, ist universell«, sagt Mordechai, dessen Tricks auch Kinder in Gasa lächeln lassen. Doch nicht alle haben hehre Absichten: »Ich habe über manche Schüler gehört, dass sie sich später als Heilpraktiker ausgeben und billige Zaubertricks benutzen, um Patienten Heilkräfte vorzugaukeln. Manchmal glaube ich, dass Menschen einfach belogen werden wollen«, sagt er. Für den ehemaligen Schuhmacher und Tänzer ist das Zaubern ein Lebensweg: »Es gibt Selbstbewusstsein – man steht vor Publikum, muss überzeugen, und nachher sind alle verblüfft. Es ist der beste Eisbrecher, nicht nur bei Frauen«, zwinkert Mordechai schelmisch, bevor er einen Geldschein zwischen den Händen schweben lässt. Spätestens damit hat er bereits den nächsten Kunden verzaubert.

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