Jules Dassin

Schwarze Serie und Nouvelle Vague

von Michael Wuliger

Der Name klingt urfranzösisch: Jules Dassin, ausgesprochen »Dschül Dassän«. Doch der große alte Mann des französischen Kinos, der am 18. Dezember 95 Jahre alt wird, ist eigentlich Amerikaner. Er kam in Harlem zur Welt, wohin seine Eltern vor den Pogromen im zaristischen Rußland geflohen waren.
Schon in der Schule spielte der junge Jules Theater. Seine professionelle Bühnenkarriere begann er mit 25 Jahren am New York Yiddish Theatre. Von dort warb ihn Metro-Goldwyn-Mayer nach Hollywood ab. Dassins Kinokarriere begann bescheiden: Er drehte zunächst Kurzfilme für das Vorprogramm, bevor er 1942 bei seinem ersten langen Streifen Regie führen durfte: Nazi Agent mit Conradt Veidt in der Hauptrolle, ein eher mittelmäßiger Kriegspropagandafilm. Einen Namen als Regisseur machte Dassin sich nach seinem Wechsel zu Universal Studios: Mit Filmen wie Naked City 1948 und Night and the City 1949 drehte er Klassiker des amerikanischen Thrillers.
Kurz darauf kam Dassins Karriere zu einem abrupten Halt. 1950 denunzierte ihn sein Kollege Edward Dmytryik vor dem Kongreßausschuß für unamerikanische Umtriebe als Kommunist. Dassin landete wie Hunderte anderer Regisseure, Schauspieler und Drehbuchschreiber auf der Schwarzen Liste. In Hollywood fand er keine Arbeit mehr.
Dassin ging nach Frankreich, wo es kein Berufsverbot für Linke gab und wurde zum Vater der »Nouvelle Vague«, die Spielfilme mit quasidokumentarischen Stilmitteln gestaltete. 1954 kam Rififi in die Kinos, ein Einbrecherthriller, bei dem Dassin das Drehbuch schrieb, Regie führte und selbst mitspielte. In die Kinogeschichte eingegangen ist die 18minütige Einbruchssequenz, in der außer den Geräuschen der Werkzeuge und dem Atmen der Diebe kein anderer Ton zu hören ist. Für den »besten Film noir, der je gedreht wurde«, so Francois Truffaut, erhielt Dassin in Cannes 1955 den Regiepreis. Bei der Verleihung lernte er Melina Mercouri kennen, mit der er Erfolge wie Sonntags nie 1959 und Topkapi 1966 drehte und die er 1966 heiratete.
Nachdem Mitte der sechziger Jahre die Schwarze Liste aufgehoben worden war, arbeitete Jules Dassin wieder in Hollywood. Doch seine dort gedrehten Filme wie Black Power 1968, Versprechen in der Dämmerung 1970 und zuletzt Zwei Herzen voller Liebe 1980 konnten weder an die Qualität noch an den Erfolg seiner früheren Arbeiten anknüpfen. Dazu kam eine private Tragödie: Sein Sohn Joe Dassin, mit Liedern wie Les Champs Elysées einer der erfolgreichsten französischen Chansonsänger, starb 1980 an einem Herzinfarkt. Er wurde nur 38 Jahre alt. Jules Dassin beendete seine Filmkarriere und zog sich in die Schweiz zurück. Dort feiert er kommenden Montag im engsten Kreis seinen 95. Geburtstag.

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025