Bundeslade

Schatzkammer der Seele

von Rabbiner Baruch Rabinowitz

In den zwei letzten Abschnitte, die das Zweite Buch Moses abschließen, berichtet die Tora über die Vollendung und die Einweihung des Mischkans. Das Stiftszelt symbolisiert die menschliche Seele so wie auch ein jüdisches Zuhause. Aus dessen Aufbau können wir auch heute für uns viel Inspiration schöpfen. In Kapitel 40 des Zweiten Buchs Moses beschäftigen sich die Israeliten nicht mehr mit dem äußeren Bau, sondern mit der Innenausstattung. Aus diesem Kapitel können wir lernen, wie wir unsere Seele am besten »einrichten« können.
Das erste, was Moses einrichtete, war die Bundeslade. Dort wurden die zwei Tafeln mit den Zehn Geboten, ein Gefäß mit Manna und später der Stab Aarons aufbewahrt. Mit anderen Worten: Alles, was für das Volk Israel heilig und bedeutungsvoll war und an die Reise durch die Wüste erinnerte. Die Bundeslade war verschlossen und durfte nur unter ganz besonderen Umständen geöffnet werden. In unserer Seele muß auch eine persönliche Bundeslade aufgebaut werden, in die wir unsere besonderen Erfahrungen, Anregungen und Erinnerungen hineinlegen und aufbewahren kön nen, alles das, was für uns heilig und wertvoll ist.
Nicht alles, was in der Bundeslade lag, war positiv. Manches hat auf schmerzvolle Zeiten und Niederlagen hingewiesen. Aber auch das wurde heilig gehalten. Die Tora lehrt, unsere Freude sowie unseren Schmerz nicht zu verschwenden, sondern von beidem zu lernen und diese Erfahrungen in unserem Leben positiv umzusetzen. Die Bundeslade galt als unantastbar. So wie auch die Schatzkammer unserer Seele, in die wir nicht jeden hineinschauen lassen dürfen. Wir sollten nicht mehr als nötig in unserer Vergangenheit herumrühren.
Als nächstes stellte Moses den Tisch an die nördliche Seite außerhalb des Vorhangs. Der Tisch symbolisiert den Wohlstand. Dort wurden Lechem Panim – die Schaubrote, das Symbol für den Segen Gottes, hingelegt. Der Norden symbolisiert das Geheimnis, und der Engel, der im Norden steht, ist Uriel. Sein Name weist auf göttliches Licht hin. Dort bekommen wir die Einsicht, wie wir den Segen Gottes, geistig und materiell, am besten verwenden und teilen können. Der Tisch stand außerhalb des Vorhangs und war für alle sichtbar. Genau so sollte unser »Tisch« für andere sichtbar und einladend sein. »Nur das, was gegeben ist, ist nicht verloren«, sagt eine alte Weisheit.
Dann stellte Moses die Menora in das Stiftszelt, »dem Tisch gegenüber, zur südlichen Seite ... Daraufhin zündete man die Menora an vor dem Ewigen.« (2.Buch Moses, 40,24-25). Die Kabbalisten lehren, daß der Engel Raphael (Rafe: Hebr. für Heilung) im Süden steht und den Menschen darstellt. Die Menora ist Symbol für Torastudium und Wissen. Die Tora erleuchtet unsere Seele und läßt das Licht auch nach draußen scheinen. Es reichte nicht aus, die Menora nur hinzustellen. Sie mußte auch regelmäßig angezündet werden. Dafür brauchte man reines Olivenöl. Oliven auszupressen, ist eine mühsame Aufgabe. Aber das Öl steht für die Inspiration und Einsicht. Um sie zu bekommen und damit unseren Leuchter zu füllen, müssen auch wir uns viel Mühe geben. Damit das Licht unsere ganze Existenz erhellt.
Auch der goldene Altar wurde vor den Vorhang gestellt, »darauf man Räucherzeug von edlen Spezereien räucherte« (40,26). Unsere Weisen haben gelehrt, daß der Rauch die Taten des Menschen symbolisiert. Selbstverständlich sollten auf unserem Altar nur die guten Handlungen dargebracht werden, die die Welt mit angeneh- mem Duft erfüllen. Aber die gute Tat ist nicht alles. Nicht nur was wir tun, sondern auch wie wir es tun, wird von HaSchem gesehen und bewertet. Unser Räucherwerk sollte auch aus edlen Inhalten bestehen: aus gutem Willen und reinem Herzen.
»Er setzte das Becken zwischen das Stiftszelt und den Altar und tat Wasser darein zum Waschen. Moses, Aaron und seine Söhne wuschen ihre Hände und Füße damit« (40,30). Um unseren Mischkan heilig zu halten, müssen wir also ihn beschützen. So daß nicht zu viel Lärm und ungewünschte Einflüsse von außen hereindrin- gen. Deswegen müssen auch wir uns vor dem Eingang unserer Seele ein Waschbecken errichten. Die Hände symbolisieren unsere Handlungen, die Füße unsere Berührungspunkte mit der Welt. Die können wir nicht vermeiden – und sollen es auch nicht. Das Judentum lehrt die Menschen, wie sie sich mit der physischen Welt und vor allem mit dem, was das Leben zu bieten hat, auseinandersetzen können. Es ist eine alte Tradition im Fernen Osten, vor dem Eintritt in ein Haus die Hände und Füße zu waschen. Das ist ein Zeichen des Friedens und ein Annehmen der Gesetze, die in dem Hause gelten. Alles, was dort unerwünscht ist, sollte draußen bleiben. Um so mehr sollten wir auf die Reinheit unserer Seele achten. Torastudium, Gebet und die Gebote sind Wege, unsere Seele rein zu halten.
Als das Stiftszelt vollendet und eingerichtet war, konnte es endlich seine wichtigste Funktion erfüllen: Gott sprach dort mit den Menschen. Als die Wolke das Zelt bedeckte, trat Moses ein, um sich dort mit HaShem zu unterhalten. Die Wolke schränkte die Sicht ein, so daß er sich nur auf seinen Gott konzentrieren konnte. Nichts in der Welt sollte diese Audienz beim König der Welt stören. Es kommt wohl oft vor, daß auch unser seelisches Stiftszelt mit einer Wolke verhüllt ist. Viel zu oft wartet HaShem auf uns vergebens. In einer Situation, in der unsere Sicht nach draußen eingeschränkt wird und wir den Weg nicht mehr erkennen, ist es vielleicht an der Zeit, daß Gott mit uns sprechen kann. Er vermißt uns und lädt uns zum Gespräch ein. Und wenn die Wolke wieder hochgeht, erkennen wir plötzlich, genauso wie die Israeliten vor uns, den Weg, nach dem wir so lange gesucht haben. Der Lebensweg, der uns in unser Gelobtes Land führt.

Wajakhel-Pekude 2. Buch Moses 35,1 – 40,38

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