Bambinim

»Schalom Leo«

von Christine Schmitt

Der kleine Junge hat nur noch Augen für den pinkfarbenen Stofftiger. Langsam schiebt Yifat Maor das Kuscheltier zum Jungen. »Schalom Leo«, begrüßt sie ihn singend und läßt dabei das Stofftier vergnügt mit dem Kopf wackeln. Der 17 Monate alte Junge streicht kurz über das Fell und grinst vergnügt. Doch viel Zeit bleibt ihm nicht, denn es geht gleich weiter mit dem nächsten hebräischen Lied. Ein Katzenlied, in dem alle Kinder lautstark miauen müssen. Dann stehen Leo und seine Freunde auf und tanzen um die bunten Matten herum. »Lauf, lauf und hüpf«, gibt Yifat Maor den Rhythmus an und läuft und hüpft selbst mit.
Die musikalische Früherziehung auf Hebräisch ist nur eine Veranstaltung von vielen, die der Familienclub Bambinim seit vergangenem Herbst in Berlin anbietet. Ebenso gibt es noch musikalische Früherziehung auf Russisch für Kleinkinder, einmal in Wilmersdorf und einmal in Prenzlauer Berg. Außerdem findet donnerstags auch Kinderturnen statt.
»Alles fing mit einem sogenannten Babyfrühstück an«, sagt Myriam Halberstam, die seit einigen Monaten alles rund um den Familienclub organisiert. Bei diesem Frühstück trafen sich die Mütter und stellten fest, daß es doch schön wäre, wenn es auch jüdisch geprägte Veranstaltungen für Kleinkinder gebe.
Mittlerweile besuchen etwa 30 Kinder wöchentlich die Veranstaltungen. 110 Familien sind auf dem Verteiler. »Für Kinder bis zu fünf Jahren gibt es in der Jüdischen Gemeinde nicht viel«, bedauert Myriam Halberstam, selber Mutter von zwei Töchtern unter fünf Jahren. »Speziell Familien, die ihren Nachwuchs nicht in einen jüdischen Kindergarten geben, fehlt so etwas«, so Myriam Halberstam.
»Meine Tochter wächst zweisprachig auf und kann bei der musikalischen Früherziehung eben auch die hebräischen Lieder lernen«, sagt die Mutter von Alisa, die noch nicht in einen Kindergarten geht. Außerdem machen der Gesang und die Spiele ihrer zweijährigen Tochter sehr viel Spaß.
Auch der kleine Leo soll mit der hebräischen Sprache aufwachsen. »Er liebt die Musik«, sagt seine Mutter – und er mag Yifat Maor so gerne, daß er neben der musikalischen Früherziehung im Masorti-Kindergarten, die sie dort vormittags an-
bietet, selbst noch am Nachmittag mit ihr singen wollte.
Ganz leise sind Alisa, Leo und Gabriel nun, man hört nur noch einen Hauch ihrer hellen Stimmen. »Wie machen die Schmet-
terlinge«, hatte Yifat Maor gefragt und erhielt als Antwort Stille. Sie will aber noch mehr wissen. Was für Geräusche machen die Bienen? Und die Vögel? Nun rufen die Kinder durcheinander. Yifat Maor sieht zufrieden aus. »Die Kinder machen ganz toll mit.«
Seit eineinhalb Jahren lebt die Israelin in Berlin. Eigentlich ist sie Erzieherin und Puppenspielerin. »Beide Berufe mag ich sehr«, sagt die 33jährige. Die Lieder und das Programm der musikalischen Früherziehung habe sie von einer Freundin erlernt, sagt sie. In der Masorti-Kita singt sie einmal wöchentlich mit den Kindern, und einmal eben nachmittags für Bambinim.
Die Kunst des Puppenspiels hat sie an der Jerusalemer Universität studiert, erst wollte sie Bühnenbildnerin werden, aber dann faszinierte sie das Spiel mit den Puppen mehr und mehr. Doch davon könne sie in Berlin trotz zahlreicher Auftritte nicht leben.
»Leider haben wir ein ständiges Problem, nämlich die Raumfrage«, bedauert Myriam Halberstam. Dauerhaft Räume anzumieten, kann sich der Club nicht leisten, schließlich decken die Teilnahmegebühren noch nicht einmal die Unkosten ab. »Die Chais-Foundation in Zusammenarbeit mit dem Joint unterstützt uns finanziell«, sagt Myriam Halberstam, die im kommenden Herbst noch einen weiteren Kurs auf die Beine stellen will, dann soll es auch noch Religionsunterricht für Vier- bis Fünfjährige geben.
»Wir möchten auch die Mütter aus ihrer Isolation holen«, sagt sie. Durch die Veranstaltungen würden viele neue Menschen einander näher kennenlernen, und sie habe beobachtet, daß beim Kinderturnen richtige Freundschaften entstanden seien. Unter den Kindern, aber eben auch unter den Müttern. Deshalb sei Sport so wichtig, da spiele es keine Rolle, was für eine Sprache man spreche oder woher die Familie stamme, sagt Halberstam. Denn Bambinim soll eine »Heimat für alle Strömungen des Judentums sein«.
Yifat Maor singt und holt ein lilafarbenes Tuch aus einer Tasche heraus. Mütter und Kinder liegen auf dem Boden, und die Lehrerin läßt das Tuch immer wieder über sie hinweggleiten. »Das mag ich«, sagt der dreijährige Gabriel.

Kontakt: Bambinim@yahoo.de

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