Steuer auf Obst und Gemüse

Saurer Apfel

von Pierre Heumann

Premier Benjamin Netanjahu hatte Steuersenkungen versprochen. Doch das war vor den Wahlen – und die waren gestern. Heute wird die Benzinsteuer angehoben, und auch die Mehrwertsteuer soll erhöht werden. Damit nicht genug. Wer künftig Orangen, Tomaten oder Trauben kauft, den will der Staat zur Kasse bitten. Das zumindest hat die Regierung beschlossen. Anfang Juli wird die Knesset über diesen Schlag gegen Vegetarier beraten, wenn sie das Budget für die nächsten zwei Jahre verabschiedet.
Neue Steuern sind immer umstritten. Dass auch die Belastung von Obst und Ge-
müse den Popularitätstest nicht bestehen würde, war deshalb absehbar. Kritik gab es vor allem von der Schas-Partei und einem Teil der Arbeiterpartei. Beide lehnen das Budget ab – unter anderem deshalb, weil sich der Staat neue Einnahmen aus dem Verkauf von Obst und Gemüse beschaffen will. Noch ist es deshalb unsicher, ob die neue Steuer im Parlament eine Mehrheit finden wird. Zumal sich gegen die frische Belastung auch außerhalb der Knesset Widerstand regt.
Die Obst- und Gemüsesteuer sei regressiv und werde vor allem die Armen treffen, moniert zum Beispiel Nahman Lidor, der Familien berät, mit ihren Einkommen über die Runden zu kommen. Bei den Ärmsten dürfte die neue Steuer monatlich Mehrkosten von rund 20 Euro pro Monat zur Folge haben, hat er ausgerechnet.
Die neue »Vegetarier-Steuer«, die dem Staat Mehreinnahmen von umgerechnet rund 550 Millionen Euro bescheren soll, ist indessen nicht nur umstritten, weil sie die Armen härter trifft als die Reichen. Es bestehen begründete Zweifel, ob sie hält, was sich die Finanzstrategen des Staates von ihr versprechen. 40 Prozent des Obst- und Gemüseumsatzes werden auf städtischen Märkten abgewickelt. Nun weiß jeder, dass die Händler auf dem Schuk für ihre Ware keine Quittung ausstellen. Ihre Buchführung ist rudimentär. Die komplizierten Mechanismen, die das System der Mehrwertsteuer voraussetzen, überfordern sie. Sie werden die neue Abgabe vielleicht auf Konsumenten überwälzen – dann aber für sich behalten. Sollten sie hingegen ihre landwirtschaftlichen Produkte unversteuert verkaufen, entsteht ein neues Problem. Die Manager der großen Supermärkte, wo die Registrierkassen klingeln, wenn einer einen Apfel oder einen Salat aufs Warenband legt, befürchten, Geschäftsvolumen an die Marktschreier zu verlieren, wenn diese ihre Angebote – im Vergleich zu den Supermärkten – relativ preiswerter ver- kaufen.
Gegen die neue Abgabe von 15 Prozent werden hingegen nicht bloß soziale, finanztechnische oder branchenspezifische Gründe angeführt. Die Besteuerung der gesunden Kost sei »destruktiv«, behaupten Experten. Denn gerade in armen Familien bestünde die Ge-
fahr, dass Kinder wegen der höheren Budgetbelastung weniger Obst und Gemüse auf den Teller bekommen.
Wer die Kost der Ernährungsbewussten besteuere, setze gesundheitspolitisch völlig falsche Signale, meint zum Beispiel die Ärztin Rachel Adato. Die eben erst ins Parlament gewählte Kadima-Frau warnt eindringlich vor den Gefahren der Obst- und Gemüsesteuer. Denn bereits heute seien die Resultate der falschen Ernährung alarmierend, meint sie. 20 Prozent der Teenager und 62 Prozent der Erwachsenen seien übergewichtig oder dickleibig. Die neue Steuer auf Obst und Gemüse würde den Anteil der Dicken noch erhöhen, befürchtet Adato, vor allem bei Kindern. Statt die gesunde Ernährung zu verteuern, empfiehlt sie eine Steuer auf Produkte mit einem hohen Zucker- oder Kaloriengehalt.
Um die sozialpolitischen Argumente gegen die Obst- und Gemüsesteuer zu entkräften, will der Finanzminister Beziehern niedriger Löhne und Gehälter entgegenkommen. Er prüft unter anderem Erhöhungen der negativen Einkommenssteuer. Da-
durch würde das bereits undurchsichtige Steuersystem des Land allerdings noch weniger transparent, als es heute ist.

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