tora

Rollenwechsel

von Miryam Gümbel

Knapp drei Wochen, nachdem die Torarollen aus der Reichenbachstraße in einem feierlichen Zug unter einer Chuppa in die Synagoge Jakobsplatz getragen worden sind, kommt nun eine weitere wertvolle Torarolle in den Aron HaKodesch. Tief gerührt nahm Gemeindepräsidentin Charlotte Knobloch das wertvolle Stück entgegen, das die Händlergemeinschaft Münchner Antiquitätenmarkt e.V. der IKG für die neue Synagoge Ohel Jakob schenkte.
Nathan Kalmanowicz, Kultusdezernent des Zentralrats der Juden, war zufällig anwesend, als Andreas Ramer, der Vorsitzende der Kunsthändler-Gemeinschaft, das außerordentliche Geschenk überreichte. Kalmanovicz erkannte auf den ersten Blick, um welche Kostbarkeit es sich handelte. Schnell holte er sich noch eine Kippa, bevor er die Rolle in Empfang nahm.
Die Vorgeschichte: Auf der diesjährigen Herbstmesse, der 75. Kunst & Antiquitäten München, hatte sich das Vorhandensein eines »Torafragments« herumgesprochen. Auch die frühere bayerische Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner hatte davon gehört. Die langjährige Sammlerin von Volkskunst und kunsthistorisch und geschichtlich relevanten Zeugnissen früherer Zeiten engagiert sich seit einigen Jahren für den Aufbau eines Museums in dem alten Kloster Helfta in Thüringen. Entsprechend neugierig war sie auf das vermeintliche Torafragment, das sie sich gut in dem dortigen Museum hätte vorstellen können.
Als ihr ein Kunsthändler aus dem Schwäbischen das Stück zeigte, entpuppte es sich als komplette Torarolle. Da war nicht nur der Kaufpreis ein Limit. Auch der Respekt vor dem Allerheiligsten der jüdischen Religion ließ schnell Diskussionen aufkommen. Woher kommt diese Rolle? War sie vielleicht Nazi-Raubgut? Wurde sie in der sogenannten Reichskristallnacht oder bei anderen illegalen Aktionen aus einer Synagoge geraubt?
Schnell waren sich die Kunsthändler einig, daß die Torarolle an einen passenden und würdigen Ort kommen müsse. Was das Finanzielle betraf, legten sie zusammen. Und selbst ein gutes Kaufangebot aus dem Ausland stimmte sie nicht mehr um. Die Einweihung der neuen Synagoge am Jakobsplatz war ein guter Anlaß für ein Geschenk an die IKG. Dieses ist übrigens nicht das erste. Bereits vor einigen Jahren hatten die Kunsthändler Charlotte Knobloch einen Torazeiger als Geschenk fürs Jüdische Museum überreicht.
Diesmal freilich war es etwas anderes. Charlotte Knobloch und Nathan Kalmanowicz waren überwältigt. Als eine Fügung des Himmels bezeichnete der Kultusdezernent das Geschenk immer wieder. Mit sachkundigem Blick stellte er fest, daß die Tora in jeder Hinsicht wertvoll ist: Das Pergament stamme von einem ganz jungen Kälbchen, ist somit äußerst selten und teuer. Die Nähte wurden bestens ausgeführt, der Erhaltungszustand ist einwandfrei. Zu Alter und Provenienz kann Nathan Kalmanowicz nur eine – wenn auch relativ sichere – Vermutung äußern: Die Tora mit Messinggriffen stammt vermutlich aus der Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Gebiet des Zarenreichs. »Das reichte ja damals von Lodz bis Wladiwostock«, meinte er und wollte sich nicht weiter festlegen.
Auf diese Datierung und Herkunft kam Kalmanowicz, weil das einzige Erbstück, das seine aus Polen stammende Familie irgendwie retten konnte, ein Leuchter seiner Ururgroßmutter ist. Und dieser entspricht in Form und Ausführung den Metallteilen der Torarolle.
Diese, da ist er sich sicher, ist – nach Prüfung durch den Scanner – koscher, darf also ihren Platz im Aron HaKodesch bekommen. Der geringeren Größe wegen, so Kalmanowicz, kann sie bevorzugt von Jugendlichen benutzt werden.
Mit ehrfürchtiger Haltung sprach er bei der Übergabe des Geschenks immer wieder von einer göttliche Fügung. Auch Charlotte Knobloch brauchte einige Zeit, bis sie wieder Worte fand, um Andreas Ramer und den Händlern der »Kunst & Antiquitäten« zu danken.

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025