Band

Rock ’n’ Rabbi

von Olaf Glöckner

Es ist unverschämt kühl für einen frühen Septemberabend, aber die Stimmung ist ausgelassen und alles andere als frostig. Denn die Lauder-Jeschiwa in der Brunnenstraße in Berlin-Mitte hat seit Stunden eine Hochzeit zu feiern, und draußen im geräumigen Hof bedeutet das: Tanzen nonstop. »Oh Yerushalayim«, tönt hell und kehlig die Stimme des Sängers aus Israel. »Ye-ru-sha-lay-im« kommt es vielstimmig mit Echo zurück. Wer die Augen schließt, könnte sich auf einem kleinen Live-Konzert in Beer Schewa oder Haifa wähnen. Bass, E-Gitarre und Drums steuern ausgewogene Grooves bei, ohne Vokalist Shmuel zu übertönen. Die »Holy Smokes« sind in ihrem Element.
Wie aber sind diese vitalen Musiker –fernab von Woodstock und Roskilde – auf ihren verwegenen Bandnamen gekommen? »Holy Smokes steht so ein bisschen für die Korbanot, also die Opfer, im Jerusalemer Tempel«, verrät E-Gitarrist Dani (32) schmunzelnd. »Aber natürlich ist auch ein bisschen Spielerei dabei.«
Die Band ist noch sehr jung, feierte ihren ersten Auftritt erst an Purim 2006. »Irgendwie hatten wir Studenten es satt, uns bei diesem Fest der Rettung immer nur nach Musik vom Band oder von der CD zu bewegen«, erinnert sich Dani. »Als wir dann Gitarristen, Schlagzeuger, Bassisten und sogar einen mutigen Sänger unter uns entdeckten, war einfach klar: Jetzt machen wir das selbst.« Schnell griff der Funke auf die Mitstudenten über, die hauseigene Band ist nun eine gefragte Adresse. Konzert-Anlässe ergeben sich spontan: Hochzeiten, jährlich Purim oder auch Machanot der Lauder Foundation, wie letztens in der Schweiz.
Das musikalische Repertoire der »Holy Smokes« umfasst Songs in hebräischer, jiddischer und auch englischer Sprache –und vorrangig solche, die vom Publikum problemlos mitgesungen und mitgetanzt werden können. »Wir variieren die Lieder ein bisschen«, erklärt Dani, »machen sie vor allem etwas rockiger. Alles andere beruht eigentlich auf Zufall.« Mehr oder weniger zufällig auch die Zusammensetzung der »Holy Smokes« – doch was auffällt, ist ihre Internationalität. Zsolt (28) kommt aus Budapest und studiert für das Rabbi-
neramt. Shlomo (19), dessen Familie vor acht Jahren aus dem ukrainischen Dnepropetrowsk nach Berlin kam, lernt im High-School-Programm der Jeschiwa. Dani, der einzige Deutsche in der Band, studiert derzeit im Kolel, ist von Haus aus Biologe und agiert als Finanzbeauftragter der Ronald S. Lauder Foundation in Deutschland.
Schon wegen der unterschiedlichen Studienprogramme und Verpflichtungen – Dani und Zsolt haben bereits Familie – bleibt die Zeit für Bandproben äußerst knapp bemessen. »Für diese Hochzeit konnten wir gerade mal 20 Minuten trainieren, aber dafür funktioniert es erstaunlich harmonisch«, lacht Zsolt und hängt sich den Bass für den nächsten Song über. Im Gefüge der »Holy Smokes« scheint er den musikalisch härteren Part zu verkörpern, Drummer Shlomo hingegen den bedacht-präziseren. Alle sind glücklich, dass an diesem Abend Shmuel aus Beitar als Vokalist einspringt. »Unser eigentlicher Sänger ist Amerikaner, er hat hier für das Rabbineramt studiert. Aber nun vervollständigt er seine Ausbildung in Israel, und das sind einfach die Wege des Lebens«, sinniert Dani.
Inzwischen ist die Band bei »Mazal Tov« angekommen. Dann wird der Sound geschmeidiger, verrät Anklänge an Hebrew Rock und Raggae. Mit »Tov le Hodos« kommt noch einmal Leidenschaft zurück. Akkord für Akkord steigt die Stimmung, und Sänger Shmuel verausgabt sich, bis die Stimme leicht kratzig wird. Alt und Jung wirbeln weiter unbekümmert durch den beleuchteten Hof. Nechama und Jona, die Brautleute, sind noch einmal aus dem Festsaal gekommen, zollen Band und Tänzern Beifall und bekommen selbst weitere Glückwünsche. Minuten später ist Ruhe eingetreten, glückliche Gesichter entschwinden in die Berliner Nacht. Hier und da Umarmungen, gute Wünsche, ein spätes Kinderlachen. Die »Holy Smokes« hätten wohl gern noch ein oder zwei Auftritts-Stunden drangehängt, doch schon geht der Blick nach vorn. »Die nächste Hochzeit hier in der Jeschiwa kommt sicher bald«, sagt Dani, »und spätestens dann packen wir unsere Instrumente wieder aus.«

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025