medizin

Retter des Meniskus

medizin
Retter des Meniskus

Vor rund 100 Jahren
revolutionierte
Moritz Katzenstein die
deutsche Kniechirurgie

von Nino Ketschagmadse

Spärliches Haar, rundes Brillengestell, zusammengezogene Augenbrauen – streng und konzentriert sieht der 53jährige Moritz Katzenstein auf dem Foto aus dem Jahr 1925 aus. Der Universitätsprofessor und Chefarzt des Berliner Städtischen Krankenhauses im Friedrichshain gehörte damals zu den Koryphäen seines Fachs. Er war nicht unumstritten, aber seine Innovationen auf dem Gebiet der Gelenkchirurgie haben in Deutschland dennoch Medizingeschichte geschrieben. Mit einem Büchlein über die spannende Persönlichkeit möchte Kurt Franke, selbst Arzt und Publizist, Katzensteins Verdienste nun wieder ins Gedächtnis gerufen.
Geboren 1872 in einer jüdischen Familie im Hessischen Rotenburg an der Fulda, wuchs Katzenstein mit seinen elf Geschwistern auf. Der Vater betrieb Handel mit Altstoffen und konnte es sich so leisten, den Sohn aufs Gymnasium in Wiesbaden und später zum Studium der Heilkunde nach Freiburg im Breisgau und München zu schicken. In der Hauptstadt des damaligen Königreichs Bayern promovierte Katzenstein als 23jähriger zum Doktor der Medizin und ging schließlich nach Berlin. Im dortigen Jüdischen Krankenhaus begann seine Karriere als Chirurg. 1900 heiratete er die Tochter eines jüdischen Fabrikanten und führte erstmals in Deutschland eine Operation durch, bei der ein gerissener Meniskus wieder angenäht wurde, statt wie damals üblich entfernt zu werden.
»Dabei hat er aber, wie das ehrliche Wissenschaftler tun, in seiner Publikation erwähnt, daß die eigentliche Premiere der Meniskus-Refixation 1883 in Schottland stattgefunden hatte«, betont Biograph Franke. Die Meinung, die Fixierung des lädierten Meniskus könne Knorpelschäden und damit eine zwangsläufige Arthrose in spätestens zehn Jahren vermeiden, teilten Katzensteins Kollegen nicht – er wurde gar angefeindet. Der Chirurg ließ sich davon aber nicht abschrecken. »Er hatte das Glück, daß er eine Privatklinik besaß, in der er weiter nach seiner Vorstellung operieren konnte.« Seine damalige Haltung, nichts zu entfernen, wenn keine absolute Notwendigkeit vorliegt, besitze auch heute noch Gültigkeit bei Medizinern.
Katzensteins Innovationen beschränkten sich aber nicht nur auf das Gebiet der Operationen. Um die Jahrhundertwende erfand er eine neue Beckenstütze zum besseren Anlegen von Gipsverbänden an der unteren Körperhälfte und ein Gerät zur Sterilisation der Blasen- und Harnleiter-Katheter. Seit 1925 widmete er sich der experimentellen Krebsforschung.
Zehn Jahre lang verband ihn auch eine enge Freundschaft mit Albert Einstein, der von Katzensteins Interesse und Mitgefühl für Patienten beeindruckt gewesen sein soll. Am 23. März 1932 starb der Arzt an einem Krebsleiden. Seine Familie emigrierte 1933 über Belgien nach Frankreich. Von seinen Familienangehörigen überlebten alle den Krieg, außer dem jüngeren Sohn, der 1942 von der Vichy-Polizei verhaftet und 1943 in Auschwitz ermordet wurde.

kurt franke: moritz katzenstein
Jüdische Miniaturen Band 35,
Hentrich & Hentrich, Teetz 2005, 5,90 €

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025