Koscherfleischproduzent

Regeln, Recht und Reibach

von Katrin Richter

Es ist was faul im Staate Iowa. Die schlechten Nachrichten um den im Mai in die Kritik geratenen Fleischhersteller AgriProcessors in der Kleinstadt Postville wollen nicht abreißen. Nachdem die amerikanische Einwanderungsbehörde im Frühjahr hunderte illegale Mitarbeiter entdeckt hatte, droht die Union Orthodoxer Juden (OU) nun damit, dem Unternehmen den Hechscher, das Koscherzertifikat, zu entziehen. »Wenn es keinen Wechsel im Management gibt, werden wir in den nächsten Tagen oder Wochen unsere Aufsicht über das Unternehmen entziehen«, sagte Rabbi Menachem Genack, der Vorsitzende der Koscherüberwachung bei der OU.
Der Grund: Agriprocessors wird vorgeworfen, die Kinderarbeitsregeln in 9.000 Fällen verletzt zu haben. Das Unternehmen bestreitet dies allerdings und gibt die Schuld den minderjährigen Beschäftigten, die falsche Auskünfte über ihr Alter gemacht haben sollen. Die Zusammenarbeit wäre sofort beendet gewesen, sobald das tatsächliche Alter entdeckt worden sei, stellte Agriprocessors in einer öffentlichen Erklärung fest. Für das Unternehmen, das einen Großteil des in den USA konsumierten koscheren Fleischs produziert, hätte der Verlust des Koscherzertifikats katastrophale Folgen. Denn die Konkurrenz schläft nicht. Schon soll sich Empire Kosher, ein anderer großer Fleischproduzent, entschlossen haben, die möglicherweise entstehende Marktlücke zu füllen.
Doch nicht alle Rabbiner sehen die Regelwidrigkeiten so streng. Rabbiner Menachem Weissmandl, AgriProcessors zweiter Koscherwächter, hält nichts davon, seinen Hechscher zu entziehen. Solange die Regeln der Kaschrut beachtet würden, wäre es für ihn kein Problem, das Zertifikat weiterhin zu geben, denn seine Aufgabe sei es, dafür zu sorgen, dass die Firma hundertprozentig koscher sei.
Für die Anhänger der Bewegung »Heksher Tzedek« allerdings ist das Argument von Rabbiner Weissmandl zu einseitig. Für die Mitglieder der Organisation, in der vor allem konservative Juden engagiert sind, sind die Kaschrutregeln eher fließend und beinhalten auch die Beachtung ethischer Standards. Die Union Orthodoxer Juden hat, sollte sie AgriProcessors weiterhin ihr Koscherzertifikat verleihen, eine Bedingung: Der Geschäftsführer muss ausgetauscht werden.
Wann das kleine Städtchen Postville in Iowa wieder zur Ruhe kommen wird, ist unklar.

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025