Antisemitismus

Rat für den Staat

von Ingo Way

Rund um den 9. November, den Jahrestag der Pogromnacht, fehlte es – neben den obligatorischen Gedenkveranstaltungen und Trauerkundgebungen – in diesem Jahr auch nicht an wohlmeinenden Vorschlägen, wie der noch immer virulente Antisemitismus am besten zu bekämpfen sei. Angesichts von 1.600 antisemitischen Straftaten im Jahr 2006 keine überflüssige Aufgabe. Abgeordnete der FDP-Fraktion im deutschen Bundestag haben in der vergangenen Woche den Vorschlag gemacht, eine Enquête-Kommission »Antisemitismus in Deutschland« zu bilden. Enquête-Kommissionen bestehen aus Abgeordneten aller Fraktionen sowie Wissenschaft- lern und Sachverständigen. Der FDP-Politiker Markus Löning sagte, man wolle damit eine »höhere Sensibilisierung in Staat und Gesellschaft erreichen«.
Der FDP-Vorschlag versteht sich als Antwort auf einen Brief, den der Schriftsteller und Soziologe Arno Lustiger vor einigen Wochen an sämtliche Mitglieder des Bundestags verschickt hatte (vgl. Jüdische Allgemeine vom 26. September). Darin forderte Lustiger einen jährlichen Bericht der Bundesregierung zur Antisemitismusbekämpfung. Lustigers Anregung aufgreifend, hält Löning jedoch eine Enquête-Kommission für sinnvoller als einen Bericht, der nur die »Kriminalitätsstatistik reproduziert«, so Löning in einem Brief an Lustiger. Um eine solche Kommission durchzusetzen, bedarf es allerdings der Unterstützung eines Viertels der Abgeordneten. Während der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gert Weisskirchen, Zustimmung signalisiert, äußert sich CDU-Politiker Siegfried Kauder skeptisch über den »Riesenaufwand«, den eine Enquête-Kommission mit sich bringe. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Jerzy Montag, findet die Idee nicht schlecht, möchte aber erst noch weitere Ideen zur Bekämpfung des Antisemitismus sammeln.
Während die Politik über geeignete Gremien beratschlagt, beschäftigt sich die Wissenschaft mit dem antisemitischen Nachwuchs. In einer Studie mit dem Titel »Ich habe nichts gegen Juden, aber ...«, die vergangene Woche im Rahmen der »Aktionswoche gegen Antisemitismus« der Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin vorgestellt wurde, haben die Sozialwissenschaftler Albert Scherr und Barbara Schäuble 20 Gruppengespräche mit Jugendli- chen geführt und sind zu ernüchternden Ergebnissen gekommen. Die Hälfte sei der Meinung, Juden hätten zu viel Einfluss auf das Weltgeschehen. 20 Prozent seien der Ansicht, deutsche Juden sollten nicht dieselben Recht haben wie andere Deutsche. Dezidiert antisemitisch seien allerdings nur 5 bis 10 Prozent der Jugendlichen, so die Autoren der Studie (www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/ich_habe_nichts_2.pdf).
Derartigen Vorurteilen auf pädagogischem Wege etwas entgegensetzen zu können, hoffen die Gründer der Inge-Deutschkron-Stiftung, die am Freitag, den 9. No- vember, in Berlin ins Leben gerufen wurde. Die Stiftung will das Lebenswerk der Schriftstellerin und Schoa-Überlebenden Deutschkron bewahren, Jugendliche über den Nationalsozialismus aufklären und Initiativen gegen Rechtsradikalismus und Antisemitismus unterstützen. Im Vorstand sitzen, neben Deutschkron als Vorsitzender, unter anderem Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) und der ZDF-Journalist Theo Koll. Eine der Hauptaufgaben der Stiftung soll die Unterstützung der Gedenkstätte und des Museums »Blindenwerkstatt Otto Weidt« in Berlin-Mitte sein. Otto Weidt versuchte während des Zweiten Weltkriegs, zahlreiche Juden vor der Deportation und Ermordung zu retten, indem er sie in seiner Blindenwerkstatt beschäftigte. Darunter war auch Inge Deutschkron, die zwischen 1941 und 1943 in Weidts Hinterhofwerkstatt arbeitete, bevor sie mit ihrer Mutter untertauchen musste.

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025

Bundestag

Wegen »Palestine«-Shirt: Linken-Abgeordnete des Plenarsaals verwiesen

Mit der politischen Botschaft auf ihrer Kleidung hatte Cansin Köktürk offenbar gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Die Bundestagspräsidentin zog die Konsequenz

 04.06.2025

Medien

Presseschau zur Debatte um Deborah Feldmans »Weltbühne«-Artikel

In dem Blatt des umstrittenen Verlegers Holger Friedrich zieht die Autorin die Jüdischkeit des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen in Zweifel. In Zeitungskommentaren wird nun vernichtende Kritik an ihrem Text geübt

 26.05.2025

Israel

Geisel-Angehörige fordern Ende des »Albtraums«

Seit bald 600 Tagen hält die Hamas noch 58 lebende und tote israelische Geiseln im Gazastreifen fest. Israelis demonstrieren vehement für ihre Freilassung und fordern ein Ende des Krieges

 24.05.2025

Nachrichten

Strände, Soldat, Flüge

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  21.05.2025

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt: Verfassungsschutz sieht Demokratie bedroht

Im Osten ist die AfD besonders stark. Allerdings etablieren sich auch andere rechtsextremistische Bestrebungen

von Christopher Kissmann  19.05.2025