SPD

Politische Heimat

von Ingo Way

Es handelt sich um eine Nachkriegspremiere. »Zum ersten Mal seit der Nazizeit organisieren sich Juden als politische Gruppe innerhalb einer der Volksparteien«, sagt Peter Feldmann (SPD). Der Frankfurter Stadt- verordnete hat mit seinem Berliner Parteifreund, dem Juristen Sergey Lagodinsky, den »Arbeitskreis Jüdischer Sozialdemokraten« ins Leben gerufen. Am Dienstag vergangener Woche gab es das erste Treffen zwischen dem Arbeitskreis und der SPD-Bundesgeschäftsführung. Die Partei habe die Gründung des Arbeitskreises uneingeschränkt begrüßt, so Feldmann und Lagodinsky, die als Sprecher des Arbeitskreises fungieren. Die SPD sagte finanzielle Unterstützung für Seminare und Publikationen zu. Mit einem Artikel in der parteieigenen Zeitung »vorwärts« will die SPD ihre Mitglieder über die Neugründung informieren.
Die Geschichte des Arbeitskreises geht auf das Jahr 2001 zurück. Damals suchte Peter Feldmann über eine Anzeige im »vorwärts« nach weiteren jüdischen SPD-Mitgliedern zum informellen Gedankenaustausch. Etwa 40 Genossen reagierten; in Frankfurt bildete sich ein lockerer Gesprächskreis. Eine ähnliche Gruppe vorwiegend junger Leute entstand in Berlin um Sergey Lagodinsky. Im Frankfurter Kommunalwahlkampf im Frühjahr 2006 firmierten Peter Feldmann und Kollegen bereits als »Arbeitsgemeinschaft Jüdischer Sozialdemokraten«.
Mit dem Arbeitskreis wollen Feldmann und Lagodinsky an die Tradition jüdischer Sozialdemokraten wie Lassalle, Kautsky und Bernstein anknüpfen. Die SPD scheint ihnen die passende politische Heimat für deutsche Juden. »Die Konservativen sind für Juden eher abschreckend«, meint Feldmann. »Man denke an die aktuelle Oettinger-Affäre. Die Grünen haben ihre Liebe zur PLO nie überwunden. Und die FDP hatte ihren Möllemann und kürzlich die Ablehnung des Bundeswehr-Einsatzes im Libanon durch Westerwelle.« In der SPD hingegen habe sich der Antizionismus nie durchsetzen können, so Feldmann. Trotz gelegentlicher anderslautender Äußerungen einzelner Parteimitglieder sei die transatlantische und israelfreundliche Ausrichtung der SPD ungebrochen. In den anderen Parteien gibt es denn auch noch keine entsprechenden Zusammenschlüsse jüdischer Mitglieder. Ob diese sich durch die sozialdemokratische Gründung ermutigt fühlen, bleibt abzuwarten.
Die inhaltlichen Ziele des Arbeitskreises sind die Integration von russisch-jüdischen Zuwanderern, der Kampf gegen Rechtsextremismus, die Stärkung der Rechte ehemaliger Ghetto-Zwangsarbeiter und in der Außenpolitik die deutsch-israelische Freund- schaft, insbesondere der Kontakt zu den sozialdemokratischen Schwesterparteien Meretz und Arbeitspartei. Lagodinsky: »Die Solidarität mit Israel ist im Arbeitskreis unbestritten. Unsere Forderung ist, dass Kritik an israelischer Politik sachlich geübt wird.« Derzeit hat der Kreis etwa 100 Mitglieder. Feldmann und Lagodinsky rechnen aber mit bis zu 300 potenziellen Mitstreitern. (Kontakt: j-sozis@web.de.)

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025