„Gerechter unter den Völkern“

Oskar Schindler aus Tunesien

von Ulrich Sahm

Die Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem könnte schon bald zum ersten Mal einen Araber als »Gerechten unter den Völkern« ehren, der unter Einsatz seines Lebens während des Holocaust eine Jüdin vor den Nazis gerettet hat. Der amerikanische Forscher Dr. Robert Satloff vom Washington Institute for Near East Policy kam nach dem Terroranschlag auf das WTC am 11.9.2001 auf die Idee, den »vergessenen Holocaust« in Nordafrika zu erforschen, auch um damit der Holocaust-Leugnung in der arabischen Welt zu begegnen. Unter dem Titel »Gab es einen arabischen Oskar Schindler?« trug Satloff am 23. Januar in der Hebräischen Universität in Jerusalem das Ergebnis seiner Forschungen vor.
Der Zeitung Haaretz sagte Satloff, er habe einen 1997 verstorbenen Tunesier, Chaled Abdel el-Wahab, ausfindig gemacht, der der Jüdin Aneni Buchris und 24 ihrer Familienangehörigen das Leben gerettet hat, während die Nazis in Nordafrika Konzentrationslager für Juden errichteten. Satloff habe einen Antrag an Yad Vashem geschickt, el-Wahab als »Gerechten unter den Völkern« anzuerkennen. Buchris, damals 11 Jahre alt, sei von el-Wahab bis zum Kriegsende auf einer Farm versteckt worden. El-Wahab habe sein Leben gefährdet, als er einen deutschen Offizier daran hinderte, ihre Mutter zu vergewaltigen. Nachbarn der Farm von el-Wahab bestätigten die Angaben von Bucheris, die sie kurz vor ihrem Tod schriftlich festgehalten hat. Aus Yad Vaschem verlautete, dass der Antrag alle formalen Kriterien erfülle, darunter ein schriftliches Zeugnis der Geretteten. Doch könne nicht vorhergesehen werden, wie sich das Kuratorium entscheide. Bis zum 1.1.2006 hat Yad Vaschem 21.308 Nichtjuden mit dem Titel »Gerechte unter den Völkern« geehrt. Unter diesen »Gerechten« sind 60 Moslems aus verschiedenen Nationen, darunter Bosnien und Albanien, aber kein einziger Araber.
Satloff sagte der Haaretz, dass die konfrontative Beschäftigung mit dem arabischen Antisemitismus »ausgedient« hätte. Deshalb versuche er, einen »positiven Weg« zu gehen und nach Arabern zu suchen, die während des Holocaust unter Gefährdung ihres eigenen Lebens Juden geholfen hätten. Satloff hofft so, die Beschäftigung der arabischen Welt mit dem Holocaust von »Mythen, Lügen und dem Gift« zu befreien. Doch die amerikanische Historikerin Debora Lipstett, die durch ihren Streit mit dem Holocaustleuger David Irving bekannt wurde, hält Satloff für »naiv«. In ihrem Internet-Blog schrieb sie: »Es ist eigentümlich, dass ein erfahrener Historiker wie Satloff tatsächlich glaubt, mit Geschichte ein wirksames Mittel gegen irrationalen Hass finden zu können.«
Nach Angaben von Satloff lebte eine halbe Million Juden in Nordafrika unter den Nazis oder ihren Verbündeten und machte alle Verfolgungen durch, wie sie auch die Juden Europas erfahren haben. Nur die »Endlösung« sei ihnen erspart geblieben. Satloff behauptet, dass die Historiker sich nicht sonderlich für die Geschichte der Juden in der arabischen Welt interessiert hätten. Erst vor einem Jahr habe Yad Vaschem eine erste Lehrbroschüre über das Schicksal der nordafrikanischen Juden unter den Nazis herausgegeben. Doch auch die Araber, die Juden geholfen haben, hätten Satloff zufolge kein Interesse, entdeckt zu werden. »Ich habe den Eindruck, dass es unter den Arabern nicht sehr ehrenwert war, einst Juden das Leben gerettet zu haben.« Satloff hat seine Forschungsergebnisse als Buch veröffentlicht (»Among the Righteous: Lost Stories from the Holocaust’s Long Reach into Arab Lands«).

Ankara

Türkei bricht Handelsbeziehungen zu Israel ab

Der Handel der Türkei mit Israel belief sich im Jahr 2023 noch auf mehrere Milliarden US-Dollar. Nun bricht die Türkei alle Handelsbeziehungen zu Israel ab. Doch es ist nicht die einzige Maßnahme

 29.08.2025

Geburtstag

Popstar der Klassik: Geiger Itzhak Perlman wird 80

»Sesamstraße«, »Schindlers Liste« und alle großen Konzertsäle der Welt natürlich sowieso: Der Geiger gehört zu den ganz großen Stars der Klassik. Jetzt wird er 80 - und macht weiter

von Christina Horsten  29.08.2025

Bonn

Experte: Opfer mit Bewältigung von Rechtsterror nicht alleinlassen

Der erste NSU-Mord liegt beinahe 25 Jahre zurück. Angehörige der Opfer fordern mehr Aufmerksamkeit - und angemessenes Gedenken, wenn es um rechtsextreme Gewalt geht. Fachleute sehen unterschiedliche Entwicklungen

 29.08.2025

Frankfurt am Main

Michel Friedman will nicht für TikTok tanzen

Es handle sich um eine Plattform, die primär Propaganda und Lügen verbreite, sagt der Publizist

 28.08.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 25.08.2025

Nahost

Alabali Radovan besucht Palästinensergebiete: Hilfe im Fokus

Die Entwicklungsministerin will in Tel Aviv diese Woche Angehörige von Geiseln treffen und das Westjordanland besuchen

 25.08.2025

Würzburg

AfD-Mann Halemba wegen Volksverhetzung vor Gericht

Die Staatsanwaltschaft wirft dem bayerischen AfD-Landtagsabgeordneten Halemba auch Geldwäsche und Nötigung vor

von Angelika Resenhoeft, Michael Donhauser  21.08.2025

Ehrung

Ravensburger-Stiftung ehrt Bildungsstätte Anne Frank mit Preis

Es werde eine herausragende Bildungsinitiative gewürdigt, teilte die Stiftung mit

 20.08.2025

Athen

Israelische Firma übernimmt griechischen Rüstungsbauer

Griechenlands größter Hersteller von Militärfahrzeugen ist nun komplett in israelischer Hand. Die strategische Zusammenarbeit im Verteidigungssektor wird damit weiter vertieft

 20.08.2025