Fußball-WM

Nur gegen Aufpreis

von Wladimir Struminski

Janiw schäumt vor Wut. »492 Schekel«, das ist unverschämt», sagt er. Mit seinem Zorn steht der junge Tel Aviver nicht allein: Hunderttausende israelischer Fußballfans sind über die Sondergebühr empört, die die israelischen TV-Anbieter für das Übertragungspaket zur Fußballweltmeisterschaft verlangen. Wer alle Spiele des Turniers am Bildschirm verfolgen will, muß dem Kabelnetz-Betreiber HOT oder dem Satellitenfernsehen yes fast 500 Schekel zahlen. Das entspricht rund neunzig Euro und viel mehr als in Europa, wo die Spiele oft umsonst angeboten werden. Wer das nicht kann – oder gar keinen kommerziellen Fernsehanschluß hat – muß mit einer kostenfreien Auswahl und mit Spielzusammenfassungen im Sportkanal oder auf den Nachrichtensendern vorliebnehmen. Die Preistreiberei begründen die Anbieter mit eigenen Einstandskosten: Sie mußten der im Besitz von zwei israelischen Geschäftsleuten befindlichen Firma Charlton eine Übertragungslizenz abkaufen. Charlton hat die WM-Rechte vom internationalen Fußballverband FIFA erworben und will sie nun möglichst ertragreich an den Mann bringen. Zahlen werden nicht vorgelegt, doch schätzen Medienexperten, daß HOT und yes für die Komplettausstrahlung rund 15 Millionen Dollar auf den Tisch legen.
Kritiker bemängeln, der Verbraucher werde dennoch über den Tisch gezogen. Versuche, den WM-Zugang für die Bürger wenigstens kostengünstiger zu machen, sind bisher gescheitert. Die Regierung denkt nicht daran, für den guten Zweck in die eigene Tasche zu greifen. Das, so ein Vertreter des Finanzministeriums, wäre aus ordnungspolitischen Gründen unerwünscht. Vergeblich mahnte der Knessetabgeordnete Awschalom Vilan, 90 Prozent der israelischen Haushalte seien an dem Kick-Ereignis interessiert. Vielleicht, wand sich in der vergangenen Woche Finanzminister Awraham Hirschson, könnte das Fußballtoto die Rechnung begleichen. Dessen Direktion winkte ab: Die Totoeinnahmen, hieß es, dürfen nur zur Förderung des israelischen Sports verwendet werden. Der israelische Kommunentag regte an, alle Spiele auf Riesenbildschirmen in den Straßen zu zeigen. Daraufhin drohte Charlton mit einer Gerichtsklage.
So bleibt die Stimmung der Zukurzgekommenen gedrückt. «Ich kann mir 492 Schekel nicht leisten», schimpft Aharon, arbeitsloser Vater einer Großfamilie aus Jerusalem. Ihm wäre ein Verbraucherboykott am liebsten. Nur damit, glaubt er, ließen sich die Anbieter zur Preissenkung zwingen. Viel Hoffnung hat er aber nicht: «Es gibt genug Reiche, für die das Geld keine Rolle spielt. Die machen bei einem Boykott zugunsten der kleinen Leute nicht mit.» Und wirklich hält sich der öffentliche Protest in Grenzen, sieht man von einer kleinen Studentendemonstration in Tel Aviv ab. Stärkeren Zulauf hat die von einer Sportseite gestartete Internet-Petition gegen die hohen Preise. Sie wurde bisher von mehr als 140.000 Menschen unterzeichnet. Allerdings ist auch diese Initiative von ihrem Ziel, eine Million Unterschriften, noch weit entfernt.
Derweil schätzen sich die Besitzer von Satellitenantennen glücklich. Sie empfangen Hunderte von ausländischen Sendern direkt und können sich auf viele kostenfreie Fußballstunden freuen. Mit Preisnachlässen zur WM wirbt denn auch ein Antennenverkäufer um neue Kunden. Andere Fußballfans versuchen, sich einen Sofaplatz bei besser situierten Freunden zu sichern.
Als letzte Hoffnung, das Schicksal abzuwenden, sehen viele Bürger Ehud Olmert. Der Premier ist ein bekennender Sportfan, der seinen Arbeitstag schon mal um eine wichtige Fernsehübertragung plant. In einem Schreiben an Olmert forderte Adi Eldar, Vorsitzender des Kommunentages, den Regierungschef auf: «Sorgen Sie dafür, daß die Spiele gebührenfrei ausgestrahlt werden.» Mal sehen ob’s hilft.

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025