Männerchor

Mein lieber Herr Gesangsverein

von Marina Maisel

Druschba ist eine Erfolgsgeschichte. Vor fünf Jahren wurde der Männerchor der Israelitischen Kultusgemeinde gegründet. Seit drei Jahren ist er unter der Leitung von Tamara Oumanskaia richtig bekannt geworden, weit über München hinaus. Mehr als 40 Konzerte gab es in den letzten Jahren, 20 davon auf Tourneen in anderen Städten.
Klassische und populäre Lieder, israelische und jiddische Weisen sowie russische Volkslieder gehören zum Repertoire – gesungen in bislang fünf Sprachen. 28 Mitglieder hat der Chor heute, der jüngste Sänger ist 28, der älteste 82 Jahre alt. Außer der Chorleiterin und dem Pianisten sind alle Laien.
Boris Solganyk, ein Physiker aus Kiew, beschreibt seine erste Begegnung mit dem Chor in dessen Gründungsjahr 2001: »Ich habe damals im Wohnheim in der Blutenburgstraße gelebt. Damals hat mich der Chor eigentlich nur gestört. Er war einfach nur laut. Natürlich bin ich damals ganz und gar nicht auf die Idee gekommen, Mitglied eines solchen Chores zu werden. Viel später, bei einem Konzert in der Synagoge, schlug mir Aizik Chvartsman vor mitzusingen. So bin ich seit elf Monaten dabei. Ich hatte zunächst gar nicht gewußt, daß dies derselbe Chor war, der mich anfangs so gestört hatte. Ich fühle mich im Chor sehr wohl und merke, wie das Niveau steigt.« Boris Solganyk lacht und freut sich über diese Ironie des Schicksals.
Alle Chormitglieder stammen aus der ehemaligen Sowjetunion und haben ein Stück eigene Geschichte aus ihren Heimatorten mitgebracht. Für Borys Gerzsvolf, der in dem kleinen Städtchen Schepetovka geboren wurde, war Jiddisch Muttersprache. Heute singt er als Solist in dieser Sprache und ist für alle Chor-Kollegen ein echter Jiddischexperte. »Meine Eltern und meine Oma haben Jiddisch gesprochen. Ich liebe diese Sprache und behalte sie mein ganzes Leben lang.« Bels, mein Schtetele Bels singt Borys Gerzsvolf und läßt alle an der melancholischen Schönheit des Jiddischen teilhaben.
Igor Bruskin gehört zu den Menschen, die oft im Schatten stehen. Die Druschba-Konzerte wären ohne ihn kaum vorstellbar. Er ist der Mann, der den Chor am Flügel virtuos begleitet. »Ich bin professio- neller Musiker«, erzählt Igor. »Was mich hier hält? Erstens, das Zusammengehörigkeitsgefühl mit all den betagten Leuten, in denen ich meine Kindheit, meine Oma, meinen Opa und auch meine Eltern, die ich leider so früh verloren habe, wiederfinde. Jedes Chormitglied für sich und alle zusammen sind ein Konglomerat von klugen und interessanten Leuten mit großer Lebenserfahrung. Und zweitens: In der Musik, die wir singen, entdecke ich eine ursprüngliche Quelle, die mich nährt. Diese so spezielle Musik unterstützt mich auch in meiner anderen Arbeit als Pianist und beeinflußt auch dort meine musikalischen Entscheidungen.« Es beeindruckt ihn, mitzuerleben, »wie aus einem Freizeitclub ein richtiger Chor zusammenwächst«.
Ärzte, Wissenschaftler, Ingenieure, Mathematiker und Physiker – das sind die Berufe der Chormitglieder. »Filiale der Wissenschaftlergesellschaft« nennen sie sich selbst scherzhaft, erzählt der 28jährige Maksym Wajsman, das mit Abstand jüngste Chormitglied.
Valeriy Goldberg hat der Gesang in dieser Chorgemeinschaft eine Welt eröffnet: »In der ehemaligen Sowjetunion konnten und durften wir die Sprache unseres Volkes nicht lernen, geschweige denn unsere Lieder singen. Erst hier in Deutschland habe ich die Möglichkeit, meine Kultur zu erleben. Ich bin so glücklich darüber.« Die Prise »jiddischen Tam«, jüdischer Seele, von der im Lied Gefilte Fisch die Rede ist, dürfe man nie vergessen.
Der Chor selbst hat auch eine Seele – und die ist eine Frau, die einzige Frau des Chores: Tamara Oumanskaia ist Chorleiterin von Beruf. Im russischen Orenburg hat sie mehr als 20 Jahre lang verschiedene Chöre geleitet. »Daß ich hier den Chor gefunden habe«, sagt sie, »bedeutet für mich ein großes Glück. Am Anfang war Druschba für mich weniger ein Chor, es war vielmehr eine Gruppe von engagierten, lebenslustigen Leuten, die Tischlieder sangen.«
Schon zu Beginn ihrer Arbeit als Chorleiterin hatte Tamara davon gesprochen, daß der Chor nach einem halben Jahr dreistimmig singen werde. »Ich habe das zwar gesagt, aber ich habe selbst eigentlich nicht so richtig daran geglaubt«, erinnert sie sich. Doch es ist gelungen! Das erste Mal war für alle wie ein Wunder.
»Meine Männer sind so fleißig«, erzählt Tamara, »wenn ich nach der Probe nach Hause fahre, denke ich oft, daß ich zu streng war. Aber man braucht sich bloß vorzustellen, wie es ist, wenn fast 30 gestandene jüdische Männer zusammen sind und jeder von ihnen im Grunde davon überzeugt ist, genau zu wissen, wie man richtig und besser singt. Da bleibt mir als einziger Frau fast gar nichts anderes übrig, als richtig streng zu sein. Aber ich liebe meinen Chor! Und ehrlich gesagt glaube ich, daß sie meine Art auch mögen.«
Das tun sie. »Tamara ist eine starke Frau, die uns in ihren Händen hält. Aber in den Händen einer so schönen Frau bleiben wir gerne!«, sagt schmunzelnd der 82jährige Solomon Brandobovski.

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