Simone Mangos

Mahn mal wieder

von Michael Wuliger

Ein Fan des Mahnmals für die ermordeten Juden Europa ist Simone Mangos offenkundig nicht. Als »monumentale Verspottung« bezeichnet sie Peter Eisenmans Stelenfeld im Titel ihrer Dissertation. Neun Jahre lang hat die australische Künstlerin die Genese des Bauwerks erforscht: von den ersten Initiativen über die zähen, langjährigen Debatten in Politik und Medien bis zur Fertigstellung und Integration ins Berliner Stadtbild als beliebte Touristenattraktion. Dokumentiert hat sie diese Geschichte in sarkastischen Aufnahmen, die bis zum 4. November im Berliner Museum für Fotografie präsentiert werden.
Da sieht man vor dem Mahnmal Brezelverkäufer und Kuchen essende, Kaffee trinkende Rentner. Auf den Stelen turnt ein junger Mann im Neonazilook, Pärchen knutschen, eine junge Frau sonnt sich, ein Kind mit Dreirad und buntem Luftballon in der Hand erkundet den Abenteuerspielplatz. Exkanzler Schröders goldene Worte vom »Mahnmal, zu dem man gerne hingeht« sind Wirklichkeit geworden.
Dass die Idee des Holocaustmahnmals im Absurden enden musste, ist aus der Sicht Simone Mangos’ – und nicht nur ihrer – von vornherein klar gewesen. Die moralische Dimension eines millionenfachen Massenmordes lässt sich künstlerisch und architektonisch nicht erfassen. Wer es versucht, scheitert nicht nur, sondern macht sich lächerlich. So hängt Mangos unkommentiert ein Nazidokument über die Deportation der Berliner Juden neben eine Boulevardzeitung, die in Riesenlettern berichtet, wie Mahnmalsinitiatorin Lea Rosh den Backenzahn eines vergasten Juden unter einer Stele begraben wollte. Roshs missglückte Anzeigenkampagne »Den Holocaust hat es nie gegeben« wird zusammen mit Ansichtskarten aus der NS-Zeit dokumentiert.
Etliche Fotos zeigen die Ausschachtungsarbeiten auf dem Gelände des Mahnmals, das bis 1945 unter anderem Josef Goebbels’ Diensträume beherbergte: Entsorgung der Vergangenheit, assoziiert man automatisch. Passend dazu folgt auf ein Familienbild von Goebbels mit Frau und Kindern die Aufnahme eines fröhlichen Wolfgang Thierse, der mit Bauarbeiterhelm auf dem Kopf in einem Kran sitzt und den Baubeginn des Mahnmals einläutet. Das vielleicht eindrucksvollste Bild wurde kurz nach Fertigstellung des Mahnmals gemacht. Man sieht eine abgenommene Bauzaunverkleidung zusammengefaltet auf dem Boden liegen: Nur noch das Wort »Holocaust« ist sichtbar.
Im Vergleich zu diesen Bildern enttäuscht der dritte Raum der Ausstellung. Hier hat Mangos Fundstücke vom Baugelände zusammen mit diversen anderen Objekten zu einer schwer verständlichen Installation arrangiert. Sie soll das Thema der Ausstellung »Ideologie der Erinnerung« über den rein dokumentarischen Aspekt hinaus entwickeln. Wer nicht zu den eingefleischten Freunden dieser Art Kunst zählt, kann sich diesen Teil der Schau ersparen. Die Fotos in den ersten beiden Räumen aber wünscht man sich als Pflichtprogramm für jeden Mahnmalstouristen.

Simone Mangos: The Ideology of Memory. Museum für Fotografie, Jebensstraße 2, 10623 Berlin
www.smb.museum/smb/index.php

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025

Bundestag

Wegen »Palestine«-Shirt: Linken-Abgeordnete des Plenarsaals verwiesen

Mit der politischen Botschaft auf ihrer Kleidung hatte Cansin Köktürk offenbar gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Die Bundestagspräsidentin zog die Konsequenz

 04.06.2025

Medien

Presseschau zur Debatte um Deborah Feldmans »Weltbühne«-Artikel

In dem Blatt des umstrittenen Verlegers Holger Friedrich zieht die Autorin die Jüdischkeit des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen in Zweifel. In Zeitungskommentaren wird nun vernichtende Kritik an ihrem Text geübt

 26.05.2025

Israel

Geisel-Angehörige fordern Ende des »Albtraums«

Seit bald 600 Tagen hält die Hamas noch 58 lebende und tote israelische Geiseln im Gazastreifen fest. Israelis demonstrieren vehement für ihre Freilassung und fordern ein Ende des Krieges

 24.05.2025

Nachrichten

Strände, Soldat, Flüge

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  21.05.2025

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt: Verfassungsschutz sieht Demokratie bedroht

Im Osten ist die AfD besonders stark. Allerdings etablieren sich auch andere rechtsextremistische Bestrebungen

von Christopher Kissmann  19.05.2025