Bezalel

Kompetenzteam

von Rabbiner David Bollag

Schon in der Tora ist von »Chabad« die Rede. Die ursprünglichste Basis der Weltanschauung der Lubawitscher chassidischen Bewegung findet sich in unserem und im letztwöchigen Wochenabschnitt.
Beim Bau des Stiftszelts, dem Hauptthema unseres Wochenabschnitts, trug Mosche die Verantwortung. Er erhielt von Gott den Auftrag, das Mischkan zu errichten, und er erteilte dem Volk genaue Anweisungen, wie diese »Wohnstätte« für Gott zu bauen sei. Da Mosche die Verantwortung aber nicht alleine tragen konnte, stellte ihm Gott Hilfe zur Verfügung: Er bestimmte Bezalel aus dem Stamm Jehuda, die Aufsicht über die konkrete Ausführung der göttlichen Pläne zu übernehmen.
In der letztwöchigen Parascha wurde Bezalel von Gott für seine Aufgabe auserwählt und Mosche zur Seite gestellt. Gott stellte Bezalel dem Mosche vor und beschrieb dessen Fähigkeiten und Kompetenzen (2. Buch Moses 31,1ff). In unserem aktuellen Wochenabschnitt, in dem Mosche das Volk versammelt, um ihm den göttlichen Befehl zum Bau des Stiftszelts zu erteilen, stellt Mosche nun Bezalel mit genau denselben Worten dem Volk vor und beschreibt ebenfalls dessen Fähigkeiten und Kompetenzen.
Die Beschreibung Bezalels gibt Aufschluss darüber, weshalb gerade er auserwählt wurde, führende Verantwortung beim Bau des Stiftszelts zu übernehmen. Bezalel zeichnet sich dadurch aus, dass Gott ihn mit »Ruach Elokim« – zu übersetzen als »Geist Gottes« oder »göttlichem Geist« – erfüllt hat; wobei dieser Ruach Elokim sich in drei Eigenschaften Bezalels ausdrückt: in Chochma, in Twuna und in Da’at.
Diese drei hebräischen Ausdrücke werden von den Exegeten unterschiedlich definiert und von den Übersetzern auf verschiedene Art wiedergegeben. Moses Men- delssohn übersetzt sie – im Sinne seiner Zeit – mit »Weisheit, Vernunft und Wissenschaft«, Samson Raphael Hirsch mit »Weisheit, Einsicht und Erkenntnis« und Buber-Rosenzweig verdeutschen mit »Weisheit, Geschick und Kenntnis«. Trotz der Unterschiede zwischen den Definitionen und Übersetzungen lässt sich feststellen, dass die drei Ausdrücke verschiedene geistige Fähigkeiten des Menschen bezeichnen. Fähigkeiten, durch die sich Bezalel auszeichnete und dank welcher er besonders geeignet war, die Aufsicht über den Bau des Stiftszelts zu übernehmen. Eben diese Fähigkeiten stehen im Mittelpunkt der Weltanschauung von »Chabad«.
Für die Lubawitscher Chassidim ist das Hauptwerk ihres ersten Rebben, des Reb Schne’ur Salman von Lyadi (1745-1813), die Basis ihrer gesamten Gedankenwelt. In diesem Werk – bekannt unter dem Namen Tanja – stellt Reb Schne’ur Salman das Ziel des durchschnittlichen jüdischen Menschen dar und erklärt, die Hauptaufgabe des Lebens bestehe darin, den geistigen Teil im Menschen über den emotionalen Teil herrschen zu lassen (vgl. Tanja, v.a. Kap. 16).
Wie die meisten chassidischen Rebbes ist auch Reb Schne’ur Salman direkt von kabbalistischen Anschauungen beeinflusst und erläutert, dass der geistige Teil des Menschen aus den ersten drei der zehn Sfirot bestehe, während die anderen sieben den emotionalen Teil des Menschen bilden. Die ersten drei Sfirot heißen Chochma, Bina und Da’at – abgekürzt »Chabad« – und entsprechen genau den drei oben genannten geistigen Fähigkeiten, mit denen Gott Bezalel erfüllt hat. Twuna und Bina werden aus demselben Wortstamm gebildet und bedeuten inhaltlich das Gleiche.
»Sfirot« ist die kabbalistische Bezeichnung für die Art und Weise, wie Gott sich in Mensch und Natur, im ganzen Universum, offenbart. Die Philosophen nennen es »Emanation«. »Chabad« heißt nun, der Mensch habe dafür zu sorgen, dass die intellektuellen Sfirot Überhand gewinnen über die emotionalen, dass »der Kopf über das Herz regiere« (Tanja, Kap. 12). Der Chassidismus von Lubawitsch zeichnete sich ursprünglich also durch die Betonung der intellektuellen Seite des Menschen aus. Im 18. Jahrhundert, der Zeit der Entstehung und Verbreitung der chassidischen Bewegung, war das etwas ganz Außerordentliches. Denn im frühen Chassidismus wurde bewusst die emotionale Seite des Menschen in den Vordergrund gestellt.
Lubawitsch hat im Laufe der Zeit seine Schwerpunkte verschoben. Doch anfangs lag der Akzent eindeutig auf dem Intellektuellen, mit folgender Zielsetzung für die Chassidim: Genauso wie Bezalel mit Chochma, Twuna und Da’at die Wohnstätte Gottes hier auf Erden baute, soll jeder mit Chochma, Bina und Da’at – mit seinen geistigen Fähigkeiten – bewirken, dass Gott Sich in dieser Welt offenbare.

Der Autor lehrt an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg sowie an den Universitäten Zürich und Luzern. Den Text entnahmen wir dem Band »Mismor LeDavid. Rabbinische Betrachtungen zum Wochenabschnitt« (Verlag Morascha, Basel 2007).

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025