Volkskunst

Kleinode auf Karteikarten

Jüdische Volkskunst. Bei diesem Begriff horchen viele Menschen erst einmal auf. Was soll das sein? Die Frage beantwortet die jüngste Ausstellung im Jüdischen Museum München. Es ist dies die vierte Ausstellung in der Reihe »Sammelbilder«. Zusammgestellt wurde sie unter dem Motto: »Von Bayern nach Erez Israel – Auf den Spuren jüdischer Volkskunst«.
Die Exponate zeigen Beispiele aus jüdischen Haushalten, eine Porzellan-Garnitur aus Berlin von 1750 ebenso wie Chanukka-Leuchter aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Auch zwei Kidduschbecher für Pessach aus Böhmischem Glas sind hier zu finden. Sie befinden sich heute im Besitz des Israel-Museums in Jerusalem.
Ein großer Teil der Gegenstände ist allerdings nur auf kleinen Fotografien zu sehen. Sie alle sind fein säuberlich auf Karteikarten aufgeklebt und beschriftet. Diese Karteikarten liegen heute in den Central Archives for the History of the Jewish People in Jerusalem.
Die Exponate von Müchen haben eine lange Reise hinter sich. Theodor Harburger (1887-1949) und Heinrich Feuchtwanger (1898-1963), die noch in den 30er-Jahren nach Palästina emigrieren konnten, brachten sie dorthin mit. Sie wollten letzte Kleinode retten. Denn bereits in den 20er-Jahren schien das Ende der Jahrhunderte alten Kultur der jüdischen Landgemeinden in Bayern besiegelt. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hatten noch etwa 80 Prozent der jüdischen Bevölkerung in Bayern auf dem Land gelebt. Dann zogen viele Juden aus kleinen Gemeinden in größere Städte. Synagogen und Friedhöfe verfielen. Ritualgegenstände verschwanden.
Um zu retten, was noch zu finden war. hatte der »Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden« den Kunsthistoriker Theodor Harburger mit der Dokumentation der jüdischen Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern beauftragt. In den Jahren 1926 bis 1932 bereiste Harburger 125 jüdische Gemeinden und besuchte zahlreiche private und öffentliche Sammlungen in München. Ergebnis war ein rund 800 Fotografien umfassendes Inventar jüdischer Volkskunst – ein heute einzigartiges Zeugnis jüdischer Kultur in Bayern. Begleitet wurde Harburger auf seinen Reisen durch die Gemeinden von seinem Freund, dem Zahnarzt Heinrich Feuchtwanger. Selbst passionierter Judaica-Sammler, hatte Feuchtwanger die Möglichkeit, bei den Recherchen seine eigene Sammlung zu erweitern.
Viele der von Harburger dokumentierten Synagogen sind heute zerstört, die Ritualgegenstände sind verschwunden. Die Sammlung Feuchtwanger und die Kartierungsunterlagen sind daher ein einzigartiges Zeugnis jüdischer Kultur in Bayern. Durch die Leihgaben aus Israel können diese Exponate erstmals auch in München gezeigt werden. Für diese Stadt hatte sich Harburger bereits in den 20er-Jahren ein Jüdisches Museum gewünscht.
Zur Ausstellung ist in der Reihe Sammelbilder des Jüdischen Museums ein Katalog mit zahlreichen Abbildungen erschienen, herausgegeben von Barbara Staudinger. Edition Minerva, München 2007, 64 Seiten, ISBN 978-3-938832-21-9. Miryam Gümbel

Die Ausstellung ist bis zum 18. November im Jüdischen Museum Jakobsplatz 16, dienstag bis sonntags, 10-18 Uhr zu sehen.

Geburtstag

Holocaust-Überlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 25.08.2025

Nahost

Alabali Radovan besucht Palästinensergebiete: Hilfe im Fokus

Die Entwicklungsministerin will in Tel Aviv diese Woche Angehörige von Geiseln treffen und das Westjordanland besuchen

 25.08.2025

Würzburg

AfD-Mann Halemba wegen Volksverhetzung vor Gericht

Die Staatsanwaltschaft wirft dem bayerischen AfD-Landtagsabgeordneten Halemba auch Geldwäsche und Nötigung vor

von Angelika Resenhoeft, Michael Donhauser  21.08.2025

Ehrung

Ravensburger-Stiftung ehrt Bildungsstätte Anne Frank mit Preis

Es werde eine herausragende Bildungsinitiative gewürdigt, teilte die Stiftung mit

 20.08.2025

Athen

Israelische Firma übernimmt griechischen Rüstungsbauer

Griechenlands größter Hersteller von Militärfahrzeugen ist nun komplett in israelischer Hand. Die strategische Zusammenarbeit im Verteidigungssektor wird damit weiter vertieft

 20.08.2025

Jerusalem

Planungsausschuss berät über E1-Siedlung

Es geht um den Bau von rund 3400 Wohneinheiten in dem Gebiet zwischen Ost-Jerusalem und der Siedlung Ma’ale Adumim

 20.08.2025

Jerusalem

Israel entzieht Vertretern Australiens in Palästinensergebieten Visa

Australien ist eines der westlichen Länder, die im kommenden Monat einen palästinensischen Staat anerkennen wollen. Darauf und auf Einreiseverbote für israelische Politiker folgt ein Gegenschritt

 18.08.2025

Halle

Datenbank über Opfer medizinischer Forschung in NS-Zeit veröffentlicht

Tausende Menschen wurden im Nationalsozialismus zu medizinischen Untersuchungen gezwungen. Ihre Schicksale sollen nun sichtbar werden

 18.08.2025

Dresden

Tora-Rolle entsteht in aller Öffentlichkeit

Vor dem Dresdner Stadtmuseum kann demnächst jeder durch ein Schaufenster zusehen, wie eine Thora-Rolle entsteht

 14.08.2025