Amos Oz

Kibbuz-Hemingway

von Christian Buckard

Amos Klausner kam vor 70 Jahren, am 4. Mai 1939 in Jerusalem zur Welt. Der Schriftsteller Amos Oz allerdings wurde 1954 im Kibbuz Chulda geboren. Dorthin hatte sich der damals 15-Jährige nach dem Freitod seiner Mutter geflüchtet. Dort nahm er den Namen »Oz« an, hebräisch für »Kraft«. Der junge Klausner wollte ein richtiger Sabre werden, als Mitglied eines sozialistischen Kollektivs das Land bestellen. Das Vorbild des neugeborenen Kibbuzniks waren die Männer aus Hemingways Wem die Stunde schlägt. »Vier oder fünfmal«, schreibt Oz in seinem autobiografischen Buch Eine Geschichte von Liebe und Finsternis, »las ich in jenen Jahren diesen Roman, bevölkert von schicksalhaften Frauen und schweigsamen Männern mit entschlossener Miene, hinter deren rauem Äußeren sich aber eine empfindsame Seele verbarg. Ich träumte, eines Tages auch so wie sie zu werden: ein schroffer, kraftvoller Mann mit der Figur eines Stierkämpfers und einem Gesicht voll Verachtung und Trauer, vielleicht ein wenig wie Hemingway auf dem Foto.«
Die national und international erfolg-reichen Erzählungen und Romane, die Oz während der nächsten Jahrzehnte schrieb, erreichten allerdings selten die lakonische Kraft eines Hemingway. Dass er dennoch knapp und präzise formulieren kann, bewies Oz in seinen mitunter brillanten politischen Essays und Reden. Sein unbeirrbares, durch kühle Vernunft geprägtes Eintreten für einen Ausgleich mit den Palästinensern begründete den internationalen Ruf des Schriftstellers. Dabei ist Oz nie der Versuchung erlegen, den Erwartungen seiner Leser und Zuhörer im Ausland zu entsprechen. Er ist unbestechlich. Es hat mit dieser persönlicher Ausstrahlung und Integrität zu tun, dass Oz sich –- wie jüngst – gegenüber der Presse für militärische Aktionen gegen die Hamas aussprechen konnte, ohne deswegen im Ausland weniger verehrt zu werden.
Die Eloquenz und die politische Haltung des Essayisten Amos Oz verhalfen dem Romancier zum internationalen Erfolg. Die Bücher keines anderen israelischen Schriftstellers wurden in so viele Sprachen übersetzt.. Kein anderer israelischer Schriftsteller – weder Aharon Appelfeld noch Yoram Kaniuk – wurde derart mit internationalen literarischen Auszeichnungen überhäuft wie Amos Oz. Vor allem in Deutschland scheint er auf literarische Auszeichnungen geradezu abonniert zu sein.
Dabei gelang dem Autor sein erstes wirkliches literarisches Meisterwerk erst spät, als er sich den Geistern des jungen Amos Klausner stellte und 2002 seine autobiografische Geschichte von Liebe und Finsternis schrieb. Der Romancier Amos Oz, das machte dieses Buch deutlich, ist immer dann am besten, wenn er als Autobiograf und als engagierter Zeitgenosse schreibt. Dann kann man ihm sogar verzeihen, dass er – ganz im Gegensatz zu Hemingway und dessen Helden – mitunter ein wenig zu viel Worte macht und leider kaum Humor hat.
Aus Amos Klausner ist kein Hemingway-Held geworden, wie er es sich erträumt hatte. Aber der Junge aus dem Jerusalemer Stadtviertel Kerem Avraham ist Amos Oz geworden. Und dieser Amos Oz, geboren 1954 im Kibbuz Chulda, ist und bleibt der eloquenteste und einflussreichste intellektuelle Verfechter israelischer Interessen auf dem internationalen Parkett. Besäßen Israels Politiker mehr Weitsicht und Vernunft, würden sie Oz das Amt des Staatspräsidenten auf Lebenszeit antragen. Keiner könnte das besser. Und nichts könnte er besser.

Terror

Hamas gibt die Leichen von Tamir Nimrodi, Uriel Baruch und Eitan Levy zurück

Die vierte Leiche ist ein Palästinenser

 15.10.2025 Aktualisiert

München

Friedman fordert Social-Media-Regulierung als Kinderschutz

Hass sei keine Meinung, sondern pure Gewalt, sagt der Publizist. Er plädiert für strengere Regeln

 10.10.2025

Waffenruhe

»Wir werden neu anfangen, egal, wie schwer es ist«

Im Gazastreifen feiern die Menschen die Aussicht auf ein Ende des Krieges

 09.10.2025

Perspektive

Wir lassen uns nicht brechen – Am Israel Chai! 

Ein Zwischenruf zum 7. Oktober

von Daniel Neumann  06.10.2025

Berlin

Preis für Zivilcourage für Brandenburger Bürgermeisterin

Christine Herntier wird für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus vom »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ausgezeichnet

 01.10.2025

Terror

»Das Einfühlungsvermögen für Juden ist aufgebraucht«

Die Berliner Psychologin Marina Chernivsky zieht eine bittere Bilanz nach dem 7. Oktober

von Franziska Hein  30.09.2025

Nahost

Die Knackpunkte in Trumps Friedensplan

Netanjahu stellt sich hinter Trumps Plan für ein Ende des Gaza-Kriegs. Doch darin gibt es noch viele unklare Stellen

von Anna Ringle, Cindy Riechau  30.09.2025

Gaza/Jerusalem

Hamas fordert Feuerpause - Leben zweier Geiseln bedroht

Laut Kassam-Brigaden sei der Kontakt zu den beiden abgebrochen

 28.09.2025

New York/Teheran

Iran-Sanktionen wieder in Kraft

DIG und iranische Oppositionelle im Exil begrüßen die Entscheidung

 28.09.2025