Brasilien

Ins Bockshorn gejagt

von Andreas Knobloch

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat seine für diese Woche geplante Lateinamerika-Reise in letzter Minute abgesagt. Gründe nannte er keine. Am Mittwoch sollte er Brasilien besuchen; als weitere Stationen waren Venezuela und Ecuador vorgesehen. In einem Schreiben äußerte er den Wunsch, die Reise »zu einem späteren Zeitpunkt« nachzuholen.
In der brasilianischen Presse wird spekuliert, dass protokollarische Gründe von der iranischen Seite als Begründung für die Absage aufgeführt worden sein könnten. Zudem sei wohl die passive Rolle der Regierung Luiz Inácio Lula da Silva bei der Verteidigung der Beziehungen beider Länder bemängelt worden.
Die Absage dürfte in erster Linie politische Gründe haben. Nach Ahmadinedschads Verbalattacken gegen Israel auf der Genfer UN-Rassismuskonferenz hatte der geplante Besuch in Brasilien hohe Wellen geschlagen. Irans Präsident hatte Israel unter anderem »barbarischen Rassismus« vorgeworfen und zum wiederholten Male die Schoa in Frage gestellt. Die brasilianische Delegation war während der Rede zwar sitzen geblieben, hatte diese aber später verurteilt. Die Regierung Lula hatte angekündigt, sie werde Irans Präsident ihre Ab- lehnung bei dem Treffen deutlich machen.
Vor allem jüdische, aber auch andere Organisationen hatten massiv gegen den Empfang Ahmadinedschads mobilisiert. Israel bestellte den brasilianischen Botschafter ein, um offiziell gegen den Besuch des iranischen Präsidenten zu protestieren. »Der Empfang (Ahmadinedschads) durch die brasilianische Regierung ist eine Beleidigung für die jüdische Gemeinschaft«, sagte Fernando Lottenberg, der Generalsekretär der Confederação Israelita do Brasil (CONIB). Es könne nicht angehen, dass für einen antisemitischen Führer der rote Teppich ausgerollt wird. Persio Bider, Präsident der Organisierten Jüdischen Jugend Brasiliens, erinnerte: »Dieser Präsident respektiert nicht die Menschenrechte, negiert den Holocaust, möchte die Atombombe, um Israel auszulöschen und all jene zu töten, die nicht seine Vorstellungen teilen.«
Bereits am Mittwoch vergangener Woche hatte die CONIB in einem offenen Brief an Lula ihre Ablehnung geäußert. »Wir hoffen, dass Präsident Lula mit seiner historischen Verpflichtung für Demokratie und Menschenrechte nicht zulässt, dass der Präsident des Iran in Brasilia einen Verbündeten findet.« Dem Protest schlossen sich evangelische und feministische Gruppen sowie Homosexuellenverbände an.
Am Wochenende vereinten zwei Demonstrationen in Rio de Janeiro und São Paulo vor allem Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft aber auch anderer Gruppen und Interessensvertretungen zum Protest. Sie forderten die brasilianische Regierung auf, sich deutlicher zu den Äußerungen Ahmadinedschads zu positionieren und auf einen Empfang zu verzichten.
Der Iran versucht verstärkt, seine Präsenz in Lateinamerika auszubauen. Engere Beziehungen zur regionalen Großmacht Brasilien, das einen Sitz im UN-Sicherheitsrat anstrebt, könnten helfen, Irans Isolation wegen seines umstrittenen Atomprogramms zu durchbrechen. Brasiliens Regierung dagegen betonte, dass der abgesagte Besuch vor allem die Wirtschaftsbeziehungen beider Länder wiederbeleben sollte.

Diplomatie

Netanjahu geht auf Belgiens Premier los

Für seine Entscheidung, Palästina als Staat anzuerkennen, wird Bart De Wever vom israelischen Ministerpräsident persönlich attackiert

von Michael Thaidigsmann  04.09.2025

Hannover

Angriff auf Gedenkstätte: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

Ein 26-jähriger Rechtsextremist war im Mai in Budapest festgenommen worden

 02.09.2025

Nahost

Deutscher Beauftragter für Menschenrechte reist nach Israel

Lars Castellucci macht sich ein persönliches Bild von der Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten. Ein Augenmerk liegt darauf, wo deutsche Hilfe möglich ist - und wo sie behindert wird

 01.09.2025

Rotes Meer

Huthi greifen Öltanker an

Das Schiff gehört einem israelischen Milliardär

 01.09.2025

Ankara

Türkei bricht Handelsbeziehungen zu Israel ab

Der Handel der Türkei mit Israel belief sich im Jahr 2023 noch auf mehrere Milliarden US-Dollar. Nun bricht die Türkei alle Handelsbeziehungen zu Israel ab. Doch es ist nicht die einzige Maßnahme

 29.08.2025

Geburtstag

Popstar der Klassik: Geiger Itzhak Perlman wird 80

»Sesamstraße«, »Schindlers Liste« und alle großen Konzertsäle der Welt natürlich sowieso: Der Geiger gehört zu den ganz großen Stars der Klassik. Jetzt wird er 80 - und macht weiter

von Christina Horsten  29.08.2025

Bonn

Experte: Opfer mit Bewältigung von Rechtsterror nicht alleinlassen

Der erste NSU-Mord liegt beinahe 25 Jahre zurück. Angehörige der Opfer fordern mehr Aufmerksamkeit - und angemessenes Gedenken, wenn es um rechtsextreme Gewalt geht. Fachleute sehen unterschiedliche Entwicklungen

 29.08.2025

Frankfurt am Main

Michel Friedman will nicht für TikTok tanzen

Es handle sich um eine Plattform, die primär Propaganda und Lügen verbreite, sagt der Publizist

 28.08.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 25.08.2025