geburtstag

Im Zweifel nonkonform

Joshua Sobol sieht so aus, wie Bertolt Brecht gerne ausgesehen hätte – wie ein kräftiger Arbeiter, ein erdverbundener Bauer. Und während die schwarze Lederjoppe bei Brecht Pose war, ist sie bei Sobol ein Gebot der Vernunft, wenn er wieder einmal in das kalte Europa reist. Von dort waren seine Eltern einst nach Eretz Israel ausgewandert. Am Tag seiner Beschneidung, so erzählt Sobol gerne, fielen die Deutschen in Polen ein. Doch zu seinem Glück habe die Hand des Mohels kein bisschen gezittert.
Geboren wurde Sobol am 24. August 1939 im Moschav Tel Mond, in eine Familie, die geradewegs einem seiner Stücke hätte entstiegen sein könnte: Die Großmutter gehörte dem nichtzionistischen jüdischen Arbeiterbund an, der Vater war Anhänger von Ben Gurions Sozialdemokraten, ein Onkel war überzeugter Marxist-Leninist, ein anderer frommer Chassid. Der junge Joshua schloss sich der linken Jugendorganisation Haschomer Hatza’ir (Junge Garde) an, einer – wie er es im Nachhinein formuliert – »besonderen Mischung aus Marxismus, Zionismus, Rebellentum, Anti-Zionismus und Judentum«.
Seine Biografie macht Sobol zum prototypischen Sabre. Doch kulturell ist er, der seine Laufbahn als Dramatiker Anfang der 70er-Jahre in Haifa begann, stärker in der europäischen Kultur verwurzelt als jeder andere seiner israelischen Kollegen. Ob er Dramen über den selbsthassenden Juden und verquälten Philosophen Otto Weininger schreibt (Weiningers Nacht, 1982), über Spinoza (Solo, 1991), über den von den Nazis ermordeten katholischen Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter (Augenzeuge, 2003), oder ob er Texte für Musicals wie F@lco – A Cyber Show und das Polydrama Alma verfasst – Sobol bewegt sich stets scheinbar mühelos und immer Neues ausprobierend zwischen den Genres.
Sein größter internationaler Erfolg ist bis heute das 1984 uraufgeführte Stück Ghetto, eine »Revue« über die Vernichtung des Wilnaer Ghettos, das Peter Zadek mit Ester Ofarim und Ulrich Tukur an der Berliner Volksbühne inszenierte. Dass manche Zuschauer und Kritiker das Stück bejubelten, weil sie es offenbar gründlich missverstanden hatten, mag Zadek geahnt haben, als er Sobol beim zigsten Vorhang der Berliner Uraufführung zurief: »Die sind ja verrückt!«
Joshua Sobol ist aber nicht nur Verfasser historischer Dramen, unterhaltsamer »Cyber-Shows« und eigenwillig-genialischer Romane. Seine literarische und dramatische Arbeit ist auch immer engagierter Kommentar zur aktuellen politischen Lage in Israel. Sein 1987 in Haifa uraufgeführtes Stück Jerusalem Syndrom etwa erregte so starke Proteste seitens der israelischen Rechten, dass Sobol als künstlerischer Leiter des Haifaer Theaters zurücktrat und für einige Jahre nach London ging.
Während sich andere israelische Intellektuelle schon deshalb als »links« definieren, weil sie für einen Ausgleich mit den Palästinensern eintreten, ist Sobol ein sozial- politisch engagierter linker Traditionalist im besten Sinne. Mit Realtime (2005) brachte er die Geschichte vom wirtschaftlichen Ruin einer israelischen Mittelstandsfamilie auf die Bühne. Ein Jahr später ergriff er für Amir Peretz, den damaligen Hoffnungsträger der Arbeitspartei, mit dem Stück Working Class Hero Position. Auch als Publizist erhebt Sobol regelmäßig das Wort, sei es für den Mindestlohn oder für eine israelisch-palästinensische Föderation.
Auch mit seinen 70 Jahren – die man ihm nicht ansieht – ist Sobols Energie ungebrochen. Zur Zeit arbeitet er an einem mehrstündigen Drama über JosephSüß Oppenheimer, das unter der Regie von Dieter Wedel 2010 in Worms uraufgeführt werden soll. Und im Tel Aviver Cameri-Theater läuft gerade sein neues Stück Stimmen in der Nacht über einen Vater-Sohn-Konflikt. Autobiografisch ist das Werk nicht: Mit seinem Sohn Yahali, einem erfolgreichen Sänger und Schriftsteller, versteht sich der jung gebliebene Rebell Sobol ausgezeichnet. Christian Buckard

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