ökologie

»Ich bin das Ende des Öls«

Die bessere Welt beginnt an einem ziemlich trostlosen Ort. Vor dem grauen Multiplexkino-Betonblock »Cinema-City« nahe Glilot mit seinen riesigen Erdgastanks kündigen neuerdings ein Dutzend kleine silberblaue Säulen die Zukunft an. Es sind die ersten von rund 100.000 Stromzapfsäulen, die bis zum Ende des Jahres 2010 überall in Israel aus dem Boden sprießen sollen, um eines Tages rund zwei Millionen Elektroautos mit Energie zu versorgen. So jedenfalls sieht es das Konzept des 41-jährigen Unternehmers Shai Agassi vor. Verläuft alles nach Plan, wird 2011 die Auslieferung von Fahrzeugen mit Elektroantrieb in großem Maßstab beginnen. Shais Unternehmen »Better Place« betreibt dann nicht nur die Stromzapfsäulen, sondern ebenfalls die Wechselstationen, an denen der Autofahrer, der längere Strecken als die mit einer Speicherladung möglichen 150 Kilometer zurücklegen will, die gesamte Batterieeinheit innerhalb weniger Minuten austauschen kann. Die über 10.000 Euro teuren Batterien sowie das gesamte Versorgungssystem bleiben im Besitz von Better Place, der Kunde kauft lediglich das Fahrzeug und holt sich seinen Strom quasi im Abonnement.
auto-abo »Die Idee hatte ich mir von Mobilfunkunternehmen abgeschaut, die den Kunden schließlich auch nur Gesprächsminuten verkaufen und keine Handys«, beschreibt Agassi das Geschäftsmodell. »Am Ende machte ich einen Plan, der auf existierender Technik beruhte: Lithium-Ionen-Batterien, die sich durch erneuerbare Energien aufladen lassen. Die Kunden würden die Autos kaufen und die Meilen, die sie fahren wollen.« Was der Spaß konkret kosten wird, darüber schweigt Agassi jedoch. Aber auf Klimakonferenzen, Technologiebranchentreffs und in den Medien ist er seither ein großer Star.
Möglich gemacht hatte das Schimon Peres. Der Staatspräsident konnte Agassi dazu überreden, Israel zum Gelobten Land für Elektrofahrzeuge zu machen, stellte den Kontakt mit Renault-Nissan-Boss Carlos Ghosn her und holte Idan Ofer, Chef des Ofer-Konzerns und zugleich größter Raffineriebetreiber des Landes, mit an Bord. 350 Millionen Dollar Wagniskapital vermochte Better Place seither zu mobilisieren. »Die Firma gehört zu den bestausgestatteten Start-ups aller Zeiten«, schrieb das Wirtschaftsmagazin »Capital« vor wenigen Tagen.
Für seine Idee warf Shai Agassi einen höchst lukrativen Posten hin. Denn seit dem Jahr 2002 war er Mitglied im Vorstand von SAP. Der deutsche Software-Riese hatte kurz zuvor für 400 Millionen Dollar die 1992 von dem Israeli gegründete Firma TopTier aufgekauft. Als SAP-Gründer und -Chef Hasso Plattner 2003 seinen Sessel räumte, war Agassi sogar als dessen Nachfolger im Gespräch. 2007 schied er dann aber vorzeitig aus dem Vorstand aus, um Better Place zu gründen. »Ich wollte lieber mit Better Place scheitern, als bei SAP erfolgreich sein. Denn kein anderer Job würde mir eine solche Möglichkeit bieten, wenigstens zu versuchen, die Welt zu retten«, erklärte er dem »Harvard Businessmanager« im Juni.

stolpersteine »Ich bin das Ende des Öls«, verkündete Agassi dann auch vor wenigen Monaten in aller Bescheidenheit. Doch trotz der Tatsache, dass er nicht nur Israel für seine Idee gewinnen konnte, sondern ebenfalls die Verantwortlichen in Hawaii und Kalifornien sowie in Dänemark, gibt es zahlreiche Kritiker. Batterien sind sehr empfindlich, und der häufige Ein- und Ausbau kann sie schnell beschädigen, heißt es von Experten.
Die Standardisierung jedoch ist das eigentliche Problem: Ein Auto in der Größe des Fiat 500 braucht ein völlig anderes Speichermodul als beispielsweise eines der Dickschiffe von Mercedes. Angesichts der zahlreichen Fahrzeugtypen und -größen wären Hunderte verschiedener Batteriemodelle notwendig. Und das an allen Austauschstationen. Außerdem müsste sich die gesamte Industrie auf einen einheitlichen Konstruktionsstandard einigen, was ebenfalls reichlich unrealistisch ist. Zudem hat Better Place bis dato nur Renault-Nissan und den amerikanischen Elektroauto-Pionier Tesla als Partner gewinnen können, die übrigen Player der Branche haben abgewunken oder entwickeln eigene Konzepte. »Unser System ist und bleibt offen für alle«, kontert Agassi. Genauso offen wie der Ausgang des Experiments, die Welt mit Elektroautos retten zu wollen.

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025