Zeitungen

Grippe, Sport und Nazis

von Katrin Richter

Am 30. Januar 1933 war es kalt. Morgens um neun zeigte das Thermometer gerade mal minus sechs Grad. Am 30. Januar wurde es auch politisch kalt: Auf den Titeln der Zeitungen stand in großen Buchstaben, dass Adolf Hitler an diesem Tag zum Reichskanzler ernannt werden sollte.
76 Jahre später, Mitte Januar. Die Temperaturen ähneln denen von 1933, und auf dem Cover der ersten Ausgabe von »Zeitungszeugen« sind die Titelseiten der »Deutschen Allgemeinen Zeitung« und »Der Angriff« zu sehen, die von Hitlers »Machtergreifung« berichten.
»Zeitungszeugen«, das ist eine »Publikation für zeitgeschichtliche Information«, wie es im klein gedruckten Impressum steht. Ziel des Projektes sei es, geschichtlich interessierten Lesern, die vielleicht nicht unbedingt zu einem dicken Geschichtsbuch greifen würden, die Presselandschaft und auch die Nachrichten zwischen 1933 und 1945 quasi im Original näherzubringen, sagt Sandra Paweronschitz, Chefredakteurin von »Zeitungszeugen«. Ein Jahr lang werden wöchentlich regelmäßig drei unterschiedliche Ausgaben der Zeitungen vorgestellt, die in den zwölf Jahren bis 1945 erschienen sind. Dazu zählen sowohl jüdische Zeitungen, linke Blätter, nationalsozialistische Zeitungen und die Exilpresse. In einem zweiseitigen Mantel gibt es Kommentare und Erläuterungen von bekannten Historikern wie Peter Longerich oder Wolfgang Benz. Ergänzt werden die Texte durch Chroniken.
Da es sich bei den Zeitungen, die dem Heft beiliegen, um Nachdrucke handelt, begann die Diskussion schon, bevor das erste Blatt überhaupt erschienen war. Sandra Paweronschitz und ihr Team mussten sich mit Fragen auseinandersetzen wie »Ist es moralisch zu verantworten, Nazizeitungen nachzudrucken?«, »Darf man das?« oder »Können die Faksimile nicht in die falschen Hände geraten?« Garantieren kann das natürlich keiner. Für die Historikerin, die das Projekt schon in Österreich betreut hat, steht aber auch aufgrund der vielen positiven Reaktionen, die sie von Lesern bekommen hat, fest, dass »Zeitungszeugen« eben kein Fachblatt für Neonazis ist, sondern den Menschen auch Einblick in den damaligen Alltag gibt und zeigt, wie unterschiedlich anfangs die Berichterstattung war.
Trotz Transkriptionserläuterung stellt die für heutige Lesegewohnheiten ungewöhnliche Frakturschrift eine kleine Herausforderung dar. Haben sich die Augen an die Buchstaben gewöhnt, erfährt man neben politischen Themen auch von der drohenden Grippewelle oder den Sportmeldungen. »Zeitungszeugen« sei auch für Schulen interessant, die ihren Geschichtsunterricht durch Originalquellen ergänzen wollen, sagt Paweronschitz.
Leider hat das ambitionierte Projekt, mit einer Startauflage von 300.000 Stück –die nachfolgenden Ausgaben werden in einer Auflage von 100.000 Heften erscheinen – einen eher mageren Internetauftritt. Die Chefredakteurin begründet das damit, dass die Leser so besser die Zeitung wahrnehmen könnten: wie es sich anfühlt, eine Nazizeitung in den Händen zu halten, wie der Druck aussieht oder wie die Zeitung riecht. Finden muss man »Zeitungszeugen« aber alleine, denn noch versteckt sich das Blatt am Kiosk ein wenig.

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025