Antisemitismus

Grenzwertig

von Ingo Way

Für den Publizisten Arno Lustiger ist es ein »Skandal«. In der Juni-Ausgabe der Zeitschrift »Frankfurter Hefte« (FH), herausgegeben von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, erschien die Rezension eines im vergangenen Jahr von Klaus Faber, Julius Schoeps und Sacha Stawski herausgegebenen Sammelbandes: Neu-alter Judenhass. Antisemitismus, arabisch-israelischer Konflikt und europäische Politik. In dem Band beschäftigen sich 31 angesehene Wissenschaftler, Journalisten und Bundestagsabgeordnete mit diesen Themen. Verfasser der Rezension ist Rudolf Walther. Dieser wirft den Autoren vor, Kritik an der Politik Israels als Antisemitismus zu verunglimpfen.
Der Schoa-Überlebende Lustiger nennt Walthers Text in einem Schreiben an die Redaktion der FH eine »hasserfüllte, in der Nähe antisemitischer Agitation liegende Buchbesprechung«. Grund für dieses harsche Verdikt sind nicht nur die zahlreichen sachlichen Fehler, die Lustiger Walther nachweist – so behauptet Walther etwa, in dem Band würde der Bau des israelischen Schutzzauns als »Operation Schutzwall« bezeichnet, was aber keiner der Autoren tut, und er gibt die Länge des gemauerten Abschnitts der Schutzanlage falsch an –, sondern vor allem Formulierungen wie diese: »... das von einer rechtsradikalen, gelegentlich rassistischen Politik heruntergewirtschaftete Image des Landes« Israel. Für jemanden, der Wert darauf legt, nicht für antisemitisch gehalten zu werden, in der Tat eine starke Formulierung.
Der Jüdischen Allgemeinen sagt Lustiger: »Der Skandal liegt darin, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung, die aus Steuern finanziert wird, so einen Text publiziert und nicht irgendein radikales Blättchen.« Lustiger richtete sein Protestschreiben auch an den Vorsitzenden der SPD, Kurt Beck. Dessen Büro lässt verlauten, dass Beck Lustiger privat geantwortet habe, möchte sich über den Inhalt der Antwort allerdings nicht äußern. Der Chefredakteur der FH, Thomas Meyer, schreibt in seiner Antwort an Lustiger, die ganze Redaktion sei der Meinung gewesen, »dass der Autor die Grenze zwischen legitimer Israelkritik und Antisemitismus eindeutig einhält«.
Es geht jedoch nicht allein um »Israelkritik«. Über Dieter Graumann, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, heißt es bei Walther: »Wie die ... Figur eines Nazi-Offiziers in einem ... Film von Francois Truffaut Juden förmlich riecht, so wittert Graumann ... rundum deutsche Kinder und Enkel, ›getragen vom Wunsch, die Schuld der Väter und Großväter zu verkleinern‹ und ruft deshalb dazu auf, die Reihen fest zu schließen ›im weltanschaulichen Krieg‹ gegen ›Terrorismus und Islamismus‹.« Die Rollen von Juden und Nazis werden hier vertauscht, der Jude »wittert« Nazis, so wie früher umgekehrt, und schließt die Reihen fest, wie es in Anspielung auf das Horst-Wessel-Lied bei Walther heißt. Chefredakteur Meyer nennt Letzteres auf Nachfrage zwar »geschmacklos«, Antisemitismus will er darin allerdings nicht sehen. »Unsere Redaktion lässt sich im Kampf gegen Antisemitismus von niemandem übertreffen«, so Meyer.

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025

Washington

Trump droht Hamas mit dem Tod

Die palästinensische Terrororganisation will ihre Herrschaft über Gaza fortsetzen. Nun redet der US-Präsident Klartext

von Anna Ringle  16.10.2025

Terror

Hamas gibt die Leichen von Tamir Nimrodi, Uriel Baruch und Eitan Levy zurück

Die vierte Leiche ist ein Palästinenser

 15.10.2025 Aktualisiert

München

Friedman fordert Social-Media-Regulierung als Kinderschutz

Hass sei keine Meinung, sondern pure Gewalt, sagt der Publizist. Er plädiert für strengere Regeln

 10.10.2025

Waffenruhe

»Wir werden neu anfangen, egal, wie schwer es ist«

Im Gazastreifen feiern die Menschen die Aussicht auf ein Ende des Krieges

 09.10.2025

Perspektive

Wir lassen uns nicht brechen – Am Israel Chai! 

Ein Zwischenruf zum 7. Oktober

von Daniel Neumann  06.10.2025

Berlin

Preis für Zivilcourage für Brandenburger Bürgermeisterin

Christine Herntier wird für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus vom »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ausgezeichnet

 01.10.2025