geschichte

Geschäftsmann und Salonlöwe

geschichte
Geschäftsmann und Salonlöwe

Leben und Wirken
des Bankiers
Herbert Gutmann

von Carsten Dippel

Er spielte leidenschaftlich gerne Golf, begeisterte sich für islamische Kunst und bewegte sich als erfolgreicher Bankier auf internationalem Parkett: Herbert Max Gut- mann (1879-1942), eine der einflussreichsten und zugleich schillerndsten Persönlichkeiten der Weimarer Republik. Viele Jahre führte er die Dresdner Bank seines Vaters Eugen Gutmann. Legendär war sein Domizil in Potsdam, der »Herbertshof«, eine ausgedehnte Villenanlage, die zum Magneten für Künstler, Diplomaten und führende Politiker wurde. In einem reich bebilderten kulturhistorischen Essayband, herausgegeben von Vivian J. Rheinheimer, wird nun das facettenreiche Leben dieses Mannes nachgezeichnet.
In der von engen Verbindungen geprägten Geschäftswelt des Kaiserreichs und der Weimarer Republik nahm Gutmann eine herausgehobene Stellung ein. Die Autoren betonen seine Mittlerfunktion, die er dank seiner zahlreichen Aufsichtsratsmandate und durch viele persönliche Kontakte, nicht zuletzt ins Ausland, besaß. So leitete er mehrere Jahre die Londoner Dependance des Bankhauses und pflegte auf Reisen quer durch Europa, Nordamerika und die Levante seine glänzenden Kontakte. Als Gründer der Deutschen Orientbank (1906) war er maßgeblich am Aufbau von Geschäftsbeziehungen in den Nahen Osten beteiligt. Ein »Globetrotter der Finanzwelt«, hieß es über ihn.
Zudem besaß Gutmann durch seine Heirat mit Daisy von Frankenberg beste Verbindungen zum Adel. Sportbegeistert, wie er war, ließ er in seinem Haus eine avantgardistische Turnhalle einbauen, und auch als Präsident des Golf- und Land-Clubs Berlin-Wannsee zog er die Prominenz an. Das Gästebuch des Herbertshofes liest sich wie das Who is Who seiner Zeit: Gustav Stresemann zählte zu seinen engen Freunden, mit dem preußischen Kronprinzen spielte er Golf, und für den Besuch des schwedischen Königs ließ er gar sein Anwesen umbauen.
Dem weiten Areal am Jungfernsee unweit von Schloß Cecilienhof widmen in dem aufwendig gestalteten und fundiert geschriebenen Buch gleich mehrere Beiträge besondere Aufmerksamkeit. Der Herbertshof diente nicht nur als Gesellschaftssalon und Gästehaus, sondern war zugleich Gutmanns persönliches Refugium. Ein über Jahre nach eigenem Geschmack geformtes Ensemble, das Repräsentationsbedürfnis mit Intimität zu verknüpfen verstand. Ein kostbares Juwel seiner Kunstsammlung war das »Arabicum« – ein mit einer syrischen Holzvertäfelung aus dem 18. Jahrhundert ausgekleideter Raum. Die originale Ausstattung des Anwesens, die an Rokoko-Interieurs erinnert, wird hier eindrücklich durch Fotos dokumentiert und mit dem entleerten Zustand von heute kontrastiert.
So erzählt das Buch die Geschichte vom Aufstieg und dramatischen Fall eines deutschen Großbürgers aus jüdischem Hause. Infolge der schweren Bankenkrise von 1931 musste Gutmann seinen Posten bei der Dresdner Bank aufgeben. Wenig später beraubten ihn die Nazis seiner materiellen Basis und einflussreichen Mittlerposition. Er verlor nahezu seinen gesamten Besitz, die kostbaren Sammlungen wurden versteigert und in alle Winde zerstreut. Als gebrochener Mann emigrierte er mit seiner Frau 1936 nach London, wo er nach schwerer Krankheit 1942 starb. An die einstige Pracht des bedeutenden Potsdamer Salons erinnern heute nur mehr leere Räume.

vivian j. rheinheimer (hrsg.): herbert m. gutmann. bankier in berlin, Bauherr in Potsdam, Kunstsammler.
Koehler & Amelang, Leipzig 2007, 191 S., mit zahlreichen Abbildungen, 39,90 €.

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025

Washington

Trump droht Hamas mit dem Tod

Die palästinensische Terrororganisation will ihre Herrschaft über Gaza fortsetzen. Nun redet der US-Präsident Klartext

von Anna Ringle  16.10.2025

Terror

Hamas gibt die Leichen von Tamir Nimrodi, Uriel Baruch und Eitan Levy zurück

Die vierte Leiche ist ein Palästinenser

 15.10.2025 Aktualisiert

München

Friedman fordert Social-Media-Regulierung als Kinderschutz

Hass sei keine Meinung, sondern pure Gewalt, sagt der Publizist. Er plädiert für strengere Regeln

 10.10.2025

Waffenruhe

»Wir werden neu anfangen, egal, wie schwer es ist«

Im Gazastreifen feiern die Menschen die Aussicht auf ein Ende des Krieges

 09.10.2025

Perspektive

Wir lassen uns nicht brechen – Am Israel Chai! 

Ein Zwischenruf zum 7. Oktober

von Daniel Neumann  06.10.2025

Berlin

Preis für Zivilcourage für Brandenburger Bürgermeisterin

Christine Herntier wird für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus vom »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ausgezeichnet

 01.10.2025

Terror

»Das Einfühlungsvermögen für Juden ist aufgebraucht«

Die Berliner Psychologin Marina Chernivsky zieht eine bittere Bilanz nach dem 7. Oktober

von Franziska Hein  30.09.2025