EM-Qualifikationsspiel

Genießt Tel Aviv!

von Alex Feuerherdt

Wenn Israels Fußball-Nationalmannschaft am 24. März in Tel Aviv zum Europameisterschafts-Qualifikationsspiel gegen das Team aus England antritt, kommt es zu einer Premiere: Noch nie trafen diese beiden aufeinander, wenn es um Punkte ging. Bisher bestritten sie lediglich zwei Freundschaftsspiele, ebenfalls in Tel Aviv: 1986 gewann England mit 2:1, zwei Jahre später trennte man sich mit einem torlosen Unentschieden. Ein solches Resultat würde diesmal wohl keine der beiden Mannschaften zufrieden stellen, denn um dem großen Ziel – dem Turnier in Österreich und der Schweiz nächstes Jahr – näher zu kommen, benötigen die einen wie die anderen möglichst einen Sieg. Sollte Israel sich qualifizieren, wäre es die erste Teilnahme an einer Fußball-Europameisterschaft überhaupt. Die Chancen darauf standen noch nie so gut: Während das »Mutterland des Fußballs« derzeit schwächelt und sich sein Trainer Steve McClaren zunehmenden Rücktrittsforderungen ausgesetzt sieht, hat sich die israelische Auswahl in den letzten Jahren vom Außenseiter zu einem international ernst zu nehmenden Konkurrenten gemausert.
Dementsprechend groß sind die Erwartungen an die Elf von Coach Dror Kashtan in Israel, und die Vorfreude auf die Partie gegen den Weltmeister von 1966 steigt dort mit jedem Tag. Zu dem Spiel im Ramat-Gan-Stadion werden auch 4.500 Fans aus England erwartet, darunter einige hundert englische Juden. Vereinigungen wie der Jewish National Fund, der New Israel Fund und vor allem Maccabi Great Britain organisieren deren Reise. Doch das ist nicht alles: Maccabi bietet auch den nichtjüdischen englischen Fußballfans ein Rahmenprogramm, das unter anderem aus einer Führung durch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, einem traditionellen Schabbat-Mahl und einer Podiumsdiskussion über den Einfluss des Sports auf den Friedensprozess im Nahen Osten besteht.
Anfang März veranstaltete die Organisation zudem zwei Treffen gemeinsam mit »englandfans«, der Dachorganisation des englischen Fußballverbands für die Anhänger seiner Nationalmannschaft. Bei den Versammlungen in London und Manchester ging es vor allem darum, die Fans des Three-Lions-Teams auf die Reise nach Israel vorzubereiten. »englandfans« hat es sich zur Aufgabe gemacht, Hooliganismus und Rassismus einzudämmen und die Anhänger der englischen Auswahl bei Auswärtsspielen mit den Gepflogenheiten des jeweiligen Landes, in das sie reisen, vertraut zu machen. »Wir tun unser Möglichstes, um unser Image aufzupolieren, und wir sind eine verschworene Gemeinschaft, obwohl wir aus verschiedenen Bevölkerungsschichten kommen«, sagt Steve McCormick, der Vorsitzende der nordwestlichen Untergliederung der Organisation. Auch sie wird Yad Vashem besuchen und zudem ein Freundschaftsspiel gegen die Fans des israelischen Erstligisten Bnei Sachnin austragen.
McCormick war Mitorganisator des Treffens im Maccabi’s Brooklands Centre in Manchester, an dem auch Simon Johnson vom englischen Fußballverband sowie Vertreter von Soccer for Peace, des New Israeli Fund und von Beautiful Israel teilnahmen. Bei israelischen Speisen und Getränken erfuhren die etwa 30 Gäste Näheres über die Aktivitäten von »englandfans« in den vergangenen zwei Jahren, die beispielsweise darin bestanden, Freiwillige in ein Waisenhaus in Mazedonien und als Englischlehrer nach Aserbaidschan zu entsenden, in Auschwitz einen Kranz niederzulegen und das ehemalige Konzentrationslager in Dachau zu besuchen. Den Fans, die zum Spiel in Israel reisen, wurden zudem Informationen vermittelt, wie sie sich dort am besten verhalten und Konflikte oder Missverständnisse vermeiden können. Diese betrafen insbesondere Alltagssituationen und die obligatorischen Sicherheitskontrollen. Leidenschaftliche Diskussionen unter den Teilnehmern in Manchester entbrannten nach einem Film über die Fans von Beitar Jerusalem, von denen manche gegen das Mitwirken des arabischen Spielers Abas Suan in ihrer Lieblingsmannschaft sind: Während die einen Verständnis für diese Haltung äußerten, sprachen andere von »Rassismus«.
Zu der Veranstaltung in London kamen sogar über 100 Interessierte. Mitorganisator Mark Perryman, Repräsentant der Londoner Sektion der »englandfans«, schildert die Ziele des Abends: »Israel ist ein Land, das sich jeden Tag in den Nachrichten findet. Wir wollten über die Risiken einer Reise dorthin informieren, aber nicht einschüchtern. Die Menschen dort engagieren sich, genau wie wir.« Der Spielort Tel Aviv sei eine aufregende Stadt, und die englischen Fans sollten sie genießen: »Probiert ein neues Bier und neue Speisen aus, schaut euch die Sehenswürdigkeiten an und lernt etwas über die Geschichte. Das erweitert euren Horizont«, sagt Perryman.
Dan Berelowitz von der im Sommer 2006 gegründeten Initiative Kick Racism out of Israeli Football betont: »Das ist eine gute Gelegenheit für die englischen Fans, etwas über Israel und seine Gesellschaft zu lernen. Israel ist aus vielerlei Gründen in den Schlagzeilen, aber es ist großartig, dass es wegen dieses Fußballspiels Furore macht.« Bedenken, es könnte Schwierigkeiten geben, hat er nicht: »Wenn sich Englands Fans gut benehmen, werden keine Probleme auftauchen.« Dieser Ansicht war auch Haim Perez von Football4Peace: »Hooligans gibt es immer und überall, diese wenigen Fans, die Unannehmlichkeiten bereiten. Aber die Israelis mögen die Engländer, und deshalb glaube ich nicht, dass es zu Zwischenfällen kommen wird.«
Rundum zufrieden mit den Treffen in Manchester und London zeigt sich Victoria Lawrence von Maccabi Great Britain: »Diese Abende zeigten, dass der Sport eine ideale Plattform ist, um über verschiedene Kulturen zu informieren, den Dialog zu pflegen und Hindernisse abzubauen.« Die Punktspielpremiere, sie kann kommen.

Hamburg

Zehn Monate auf Bewährung nach mutmaßlich antisemitischem Angriff

Die 27-Jährige hatte ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nach einer Vorlesung über antijüdische Gewalt attackiert

 28.04.2025

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025