Vogelgrippe

Gefährliche Fluggäste

von Jonathan Scheiner

Unter Ornithologen gilt Israel als Mekka der Vogelbeobachtung. »Bird-Spotting« lockt jährlich Tausende von Vogelfreunden aus aller Herren Länder an. Das Land ist übersät mit Beobachtungsstationen. Kein Wunder, bei der Menge an Tieren, die zweimal im Jahr über das Land hinwegziehen. Nicht nur den auch in Deutschland heimischen Steinschmätzer gibt es zu bestaunen, sondern auch Schwärme von Störchen, Kranichen und Adlern – bis zu 500 Millionen Vögel bevölkern den Himmel Israels während des Zuges in die Winter- oder Sommerquartiere. Eine Zahl, die einzigartig ist auf der Welt. Zwar findet der Vogelflug zwischen Afrika und Europa auch über Gibraltar und Sizilien statt, aber die Südost-Route über den Nahen Osten wird am meisten frequentiert (siehe Grafik).
Doch das Bild vom Vogelparadies Israel wird durch die Vogelgrippe stark getrübt. Bei einer Übertragung des Virus von Zug- auf Nutzvögel wie Hühner steigt die Gefahr für Menschen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, daß im Falle einer Mutation des Virus zwischen zwei und 7,4 Millionen Menschen sterben könnten. Obwohl also Grund zur Wachsamkeit besteht, gibt es bisher in Israel keinerlei Schutzmaßnahmen.
Vor allem Virologen wie Manfred Green, Direktor von Israels Zentrum für Seuchenkontrolle, sind darüber empört: »Es gibt keinen Grund zur Annahme, daß der H5N1 Virus nicht hier ankommen wird.« Reuven Yosef von der Ornitologischen Station in Eilat fürchtet einen Leichtsinn, der tödlich enden könnte. Denn wenn der Winter in Sibirien und anderen Teilen Ost- und Mitteleuropas zu hart ist, weichen die Tiere in den wärmeren Süden aus, sagt Yosef. Teils bis zu 500 Kilometer weit. Da heutzutage ein Großteil der großen Zugvögel von Forschern mit Ringen versehen wurden läßt sich nachweisen, daß Schwäne und andere Wasservögel, die in Israel registriert wurden, sogar bis nach England gezogen sind. »Man stelle sich nur vor, die Tiere wären mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1 befallen gewesen« – ein Horrorszenario für Yosef. Der aktuelle Winter im Norden ist tatsächlich bitterkalt, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß sich das Federvieh aus dem Norden ein Sonnenbad in Israel gönnt.
Angesichts dieses Risikos klingt es wie ein schlechter Witz, daß Israels Schutzmaßnahmen bislang bescheiden ausgefallen sind. Und das, obwohl sich im Land zwischenzeitlich schon Panik breitgemacht hatte. Ende vergangenen Jahres wurde ein palästinensischer Hühnerzüchter mit dem dringenden Verdacht auf Vogelgrippe in die Hadassah-Klinik eingeliefert. Immerhin konnte bald Entwarnung gegeben werden. Ein Gremium aus Ornithologen und Naturschützern hat die Regierung seit langem nachdrücklich auf die Gefahr der Seuche hingewiesen, die gerade über Israel Verbreitung finden könnte. Weitreichende Maßnahmen sind aber bislang nicht unternommen worden.
Gemessen an der Tatsache, daß allein in Eilat täglich Dutzende von toten Vögeln aus dem Wasser gezogen werden, eine Hiobsbotschaft. Denn diese Vögel werden zwar eingesammelt und gewissenhaft registriert. Aber es gibt kein Geld, um die Vögel auf den Vogelgrippevirus zu untersuchen. Vielleicht also ist das Virus längst im Land, aber niemand weiß davon, weil es bislang keine einzige virologische Untersuchung gegeben hat.
Die Wissenschaftler der verschiedenen Vogelwarten und Naturschutzorganisationen haben sich inzwischen zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Sie sind mit der Bitte um Geld für virologische Tests an die EU herangetreten, auch um die eigene Regierung unter Druck zu setzen. Der erste Erfolg der Wissenschaftler besteht darin, daß eine Delegation von Kranichforschern aus Deutschland eingeflogen ist, die sich Ende vergangener Woche mit Yossi Leshem von der Universität Tel Aviv getroffen hat. Leshem ist Vorsitzender der Gesellschaft für den Schutz der Natur in Israel (SPNI). Die ersten Pläne bestehen darin, die Stationen zwischen Eilat und dem Jordantal und in den Kibbuzim Kfar-Ruppin und Lotan so miteinander zu vernetzen, daß kein Seuchen-Verdachtsfall unbemerkt bleiben kann. Angeblich wird die israelische Regierung in Kürze eine Million Schekel (etwa 200.000 Euro) zur Überwachung der Vögel freigegeben.

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