Woche der Brüderlichkeit

Ganz harmonisch

von Heide Sobotka

In der Geschichte der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit ist das Treffen von Vertretern der christlichen Kirchen und Rabbinern die jüngste Tradition. Nach Berlin und Mannheim trafen die Spitzen der katholischen und evangelischen Kirche in Düsseldorf im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit zum dritten Mal mit Rabbinern auf offizieller Ebene zusammen.
Am Montag hieß der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, katholische und evangelische Würdenträger wie den Vorsitzenden der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum, Heinrich Mussinghoff, und den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber willkommen. Neben Vertretern der Christlich-Jüdischen Gesellschaften, Mitgliedern der Allgemeinen wie der Orthodoxen Rabbinerkonferenz begrüßte Schneider interessierte Laien zum christlich- jüdischen Gespräch im Landeskirchenamt.
Vorausgegangen war eine mehrstündige Konferenz von Rabbinern und Kirchenvertretern, die alle Seiten als sehr konstruktiv bezeichneten. Sie dürften jedoch keineswegs ins Alltägliche abgleiten, mahnte der jüdische Präsident des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Rabbiner Henry G. Brandt. Nach dem Kennenlernen und Erfahren von Gemeinsamkeiten gelte es, in der Fortführung der Gespräche eine offene Sprache zu finden, die sich nicht scheut, Differenzen darzulegen.
Schon jetzt seien diese christlich-jüdischen Gespräche sehr wertvoll, sagte Düsseldorfs Gemeinderabbiner Julian Chaim Soussan. Sie seien Vorbild für weitere Wochen der Brüderlichkeit »und Schwesterlichkeit«. Bischof Wolfgang Huber verwies auf das gemeinsame Bemühen von Katholiken und Protestanten, die Verantwortung vor Gott als geistige Grundlage mit in die Präambel der Europäischen Verfassung zu schreiben und diese als eine explizit christlich-jüdische zu formulieren. Seine große Sorge galt der Entwertung des Sonntags als verkaufsoffener Konsum- und Spaßtag.
Damit nahm Huber das Thema der Hauptreferate vorweg: die Bedeutung des Schabbat und des Sonntags, vorgetragen vom Schweriner Landesrabbiner William Wolff und von Bischof Heinrich Mussinghoff. Möge die theologische und ge- schichtliche Entwicklung beider Feiertage noch so unterschiedlich sein, beide Theologen mahnten, sie dringend zu erhalten.
Bei all den betonten Gemeinsamkeiten gibt es zwischen Katholiken und Juden jedoch auch Differenzen, wie die Diskussion über die Fürbitte im außerordentlichen Karfreitagsgebet in den vergangenen Wochen zeigte. An diesem Nachmittag spielte sie nur eine untergeordnete Rolle. Mussinghoff, der stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Bischofskonferenz, versicherte jedoch, dass das Gespräch weitergeführt werde. Auch Rabbiner Henry G. Brandt befürwortete den weiteren Dialog. »Wir haben gerade erst begonnen, miteinander zu reden, wir dürfen dies nicht gleich wieder abbrechen«, sagte der Rabbiner und kritisierte damit auch Absagen von jüdischer Seite.
Gerade die Diskussion um die Formulierung dieses Gebets zeige, wie wichtig das christlich-jüdische Gespräch auf theologischer Ebene ist, sagte Braunschweigs Gemeinderabbiner Jonah Sievers. Die allgemeine Rabbinerkonferenz (ARK) erklärte einen Tag später ihr »Bedauern und ihre Enttäuschung über diesen aktiven Schritt von Papst Benedikt XVI., die lateinische Messe betreffend«. Mit ihr werde einer vorkonziliaren Theologie gegenüber dem Ju- dentum Tür und Tor geöffnet. »Wir sind besorgt über die Tatsache, dass die katholisch-jüdischen Beziehungen Schaden nehmen. Wir hoffen, dass es in naher Zukunft zu einer befriedigenden Lösung kommen wird«, sagte der stellvertretende Vorsitzende der ARK, Rabbiner Sievers.
Der christlich-jüdische Dialog lebt. Hat er eine Zukunft? Eine Frage, die sich an diesem Montagabend aufdrängt. Obwohl das Forum für alle Interessierten offen war, blieben die Altgedienten unter sich.

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025