Gedenkfeier

Erinnerung und Auftrag

von Andreas Wittenzellner

»Das historische Trauma der Auslöschung wird immer tief im Bewußtsein des jüdischen Volkes eingegraben sein. Die Schoa ist eine moralische und historische Niederlage der Weltgemeinschaft, weil sie zu lange weggesehen hat und die menschenverachtende Dimension des Nazi-Regimes zu spät erkannte.« Mit dieser Feststellung lenkte IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch bei der Gedenkfeier im Bayerischen Landtag die Gedanken der Zuhörer zurück zu den Verbrechen während des Nationalsozialismus, aber zugleich auch in die Gegenwart. Gut 200 Menschen hatten sich am Vorabend des 27. Januar im Senatssaal des Maximilianeums versammelt, um unter der Schirmherrschaft von Landtagspräsident Alois Glück der Menschen zu gedenken, die Opfer dieses Regimes geworden waren, unter ihnen sechs Millionen Juden.
Für die Veranstalter war bereits im Vorfeld klar, daß neben dem Gedenken an die Opfer des Naziterrors auch ein klares Zeichen gegen den neuen Antisemitismus gesetzt und zu aktuellen Entwicklungen Stellung genommen werden müsse. Entspre- chend hatten sie als Motto »Von Auschwitz nach Teheran« gewählt.
In seinem von der Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm vorgelesenen Grußwort hatte Alois Glück bereits diesen Bogen zum Heute geschlagen, als er auf die massiven Drohungen des iranischen Präsidenten gegen Israel eingegangen war, die in der gesamten westlichen Welt Empörung und Fassungslosigkeit ausgelöst haben. Der frühere EU-Abgeordnete Rijk van Dam kritisierte eine häufig überzogene Israel-Kritik in den deutschen Medien und er ging vor dem Hintergrund des Wahlsiegs der Hamas in den palästinensischen Gebieten auf die Haltung der EU zu Israel ein. Pfarrer Friedrich Aschoff bezeichnete Auschwitz als »Mahnung und Auftrag«. Er setzte sich in seinem kurzen Referat mit dem Thema Schuld auseinander: »Es gibt keine kollektive Schuld. Es gibt eine kollektive Last und eine kollektive Verantwortung.«
In der Vergangenheit, so Charlotte Knobloch, habe es zu lange gedauert, »bis die westlichen Demokratien endlich erkannten, daß mit einer Politik des Appaesement den Feinden der Demokratie nicht beizukommen ist«. Und sie schloß gleich die Frage an: »Doch steht die Welt nicht heute wieder vor einer ähnlichen Situation? Erleben wir nicht beim Blick in die Nachrichten, daß die westlichen Demokratien uneins sind, hilflos gegenüber den ungeheuerlichen Attacken, die wir aus Teheran vernehmen müssen?« Es sei besorg-
niserregend, wie sich in Deutschland Rechtsextremismus und Islamismus einander annäherten: »Es besteht Gefahr, daß beide sich in ihrem Judenhaß zu einer bedrohlichen Allianz zusammenfinden.«
Vielleicht betrachteten manche den Herrscher in Teheran als Spinner. Doch wie beurteilen diese dann das Entfernen der Siegel der internationalen Atomagentur? »Dieser Schritt, so Knobloch weiter, «beweist doch, daß Teheran nicht nur das jüdische Volk und den Staat Israel bedroht. Hier zieht eine Gefahr für die Existenz aller demokratischen Staaten auf.»
Auf diese Gefahr aufmerksam gemacht hatten im Vorfeld des Abends in der Münchner Innenstadt trotz klirrender Kälte gut hundert Personen mit einer Lichterkette und informativen Bannern und Plakaten. Sie setzten auf diese Weise ein stilles, aber doch weithin sichtbares Zeichen gegen Antisemitismus und die Hetze des iranischen Präsidenten gegen Israel und die westlichen Nationen. Charlotte Knobloch nannte dieses Engagement ein gelungenes Beispiel dafür, «wie es aussehen kann, wenn Demokraten Gesicht zeigen». Sie dankte den Teilnehmern, aber auch den Verantwortlichen der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der «Initiative 27. Januar» und AmEchad «für dieses deutliche Zeichen gegen Fundamentalismus, Terror und Fanatismus».
Genau den richtigen Ton für die Umrahmung dieses beeindruckenden Abends hatte im Landtag auch das Musik-Ensemble des Günter-Stöhr-Gymnasiums in Icking mit musikalischer Professionalität und einfühlsamen Melodien getroffen. So mancher Besucher sah sich zum Abschluß im Landtagsfoyer noch nachdenklich die Ausstellung Mitten unter uns. Jüdisches Leben in München an, die das Schicksal jüdischer Bürger in München nach der nationalsozialistischen Machtergreifung darstellt.

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