Leo Trepp

»Eine große Herausforderung«

Leo Trepp, geboren 1913 in Mainz, wurde 1936 in Berlin ordiniert. Er lebt heute in Kalifornien. Lange Zeit galt er als der letzte Rabbiner des deutschen Judentums.

Herr Rabbiner, seit einigen Jahren werden hierzulande wieder Rabbiner ausgebildet. Die ersten von ihnen sind jetzt ordiniert worden. Was erwarten Sie von der neuen Generation von Rabbinern?
trepp: Die neuen Rabbiner stehen vor einer Riesenaufgabe, einer ganz großen Herausforderung: Sie müssen einerseits in der Tradition des deutschen Judentums stehen und andererseits dieses Judentum erneuern.

Was unterscheidet das Amt des Rabbiners in Deutschland von dem in anderen Diaspora-Ländern?
trepp: Der Unterschied liegt vor allem darin, daß der deutsche Rabbiner auch in der Welt, in der Moderne stehen muß. In anderen Ländern kann man zufrieden sein, wenn der Rabbiner ein großer Talmudist ist, das koschere Wesen überwacht und sich mit der Tradition und ihrer Literatur beschäftigt. Das muß der neue Rabbiner hierzulande auch, aber er muß eben noch mehr tun. Es ist wichtig, daß er mit der Kultur der Umwelt verbunden ist. Darin war das deutsche Judentum vor der Schoa hervorragend – einzigartig in einer wundervollen Synthese. Man kann hoffen und beten, daß es sich wieder so entwickelt.
Inwiefern ist es wichtig, daß die Rabbiner hiesiger Gemeinden auch wieder in Deutschland ausgebildet werden?
trepp: Die Idee, deutsche Rabbiner im Kontext deutscher Kultur auszubilden, ist wichtig und wertvoll. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie ein Rabbiner eine jüdische Gemeinde in Deutschland betreut, der selbst nur als talmudischer Gelehrter ausgebildet worden ist und von den Problemen der Moderne nichts weiß. In Amerika ausgebildete Rabbiner können dies manchmal verstehen und vielleicht auch Rabbiner, die in Israel am Schechter-Seminar studiert haben.

Manch Gemeindevorsitzender beklagt das jugendliche Alter seines Rabbiners. Er verstünde die Probleme vieler Gemeindemitglieder nicht, weil er jung ist. Sie waren 23, als sie Ihre Smicha erhielten.
trepp: Samson Rafael Hirsch, Nathan Marcus Adler und viele andere große Rabbiner waren auch erst Anfang zwanzig, als sie ordiniert wurden. Die jungen Rabbiner müssen natürlich durch ihre Amtstätigkeit lernen. Sie werden Fehler machen – wer macht die nicht? Aber daß man ihnen das Alter entgegenhält, halte ich nicht für richtig. Wenn ein Rabbiner eine halachische Entscheidung fällt, dann kann er jung sein oder alt, wenn die Entscheidung richtig ist, macht es gar keinen Unterschied, aus welchem Mund sie kommt.
Die jüdischen Gemeinden in Deutschland bestehen heute mehrheitlich aus russischsprachigen Zuwanderern. Sollte der Rabbiner Russisch lernen?
trepp: Ja. Um wirklich an die Zuwanderer heranzukommen, sollte der Rabbiner idealerweise Russisch lernen. Aber nicht in der Absicht, ein russisch-deutsch-jüdisches Gemeinschaftswesen zu bilden, sondern um den Zuwanderern zu helfen, sich möglichst schnell zu akklimatisieren und zu einem hebräisch-jüdisch-deutschen Gemeindewesen zu werden.

Was möchten Sie den drei jungen Kollegen mit auf den Weg geben?
trepp: Tiefste jüdische Überzeugung, eine Hingabe an das Judentum und an alle seine Gruppen, ob sie deutsch sprechen oder russisch, ob sie jung sind oder alt, eine Hingabe an Gott und Tradition, eine Verbundenheit mit der Umweltkultur und natürlich mit Israel. Das Amt des Rabbiners ist ein sehr, sehr schweres Amt: sieben Tage die Woche, 24 Stunden pro Tag. Was immer die Menschen in der Gemeinde brauchen – der Rabbiner mag nicht alles erledigen können, aber er muß da sein. Sein Amt erfordert Idealismus und eine niemals aufhörende Hingabe an die Menschen seiner Gemeinde. Reich zu werden, darf niemals seine Hoffnung sein.

Das Gespräch führte Tobias Kühn.

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025