Walter Linse

»Ein Täter«

von Ingo Way

Die Debatte um die NS-Vergangenheit des SED-Opfers Walter Linse geht weiter. Der Förderverein der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen hatte im Sommer angekündigt, einen Walter-Linse-Preis für die »kritische Auseinandersetzung mit der kommunisitschen Diktatur« auszuloben. Linse, Mitglied des DDR-kritischen »Untersuchungsausschusses freiheitlicher Juristen«, war 1952 im Auftrag der Stasi aus West-Berlin entführt, in der DDR zum Tode verurteilt und 1953 in Moskau hingerichtet worden (vgl. Jüdische Allgemeine vom 2. August).
Der Berliner Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Martin Gutzeit, hatte die Namensgebung scharf kritisiert. Unter Berufung auf eine Studie des Publizisten Benno Kirsch sagte Gutzeit, Walter Linse sei im Dritten Reich wahrscheinlich mit der »Arisierung« jüdischen Eigentums befasst gewesen. Gutzeit gab eine weitere Studie in Auftrag, die Ende September in Berlin vorgestellt wurde. Der Jurist und Historiker Klaus Bästlein, der für die Gedenkstätte Deutscher Widerstand tätig ist, kommt darin zu noch schärferen Schlussfolgerungen als Kirsch: Walter Linse war nicht nur an »Arisierungen« jüdischer Geschäfte in Chemnitz »beteiligt«, sondern führte diese als Angesteller der Industrie- und Handelskammer (IHK) Chemnitz eigenverantwortlich durch; ferner war er ab 1940 NSDAP-Mitglied.
Bästlein stützt sich dabei auf Akten, die im Staatsarchiv Chemnitz lagern und die laut Bästlein »bislang nicht systematisch ausgewertet worden« seien. Den Akten zufolge stellte die IHK Chemnitz Linse 1938 speziell für die »Entjudung« der Chemnitzer Wirtschaft ein. Bis 1941/42 sei Linse ausschließlich mit dieser befasst gewesen. Die Enteignung aller 300 im Jahr 1938 noch bestehenden jüdischen Betriebe habe Linse persönlich geleitet. Von der NSDAP habe er Listen mit den Namen aller jüdischen Bürger erhalten, die nach der Pogromnacht in KZs verschleppt oder ab 1941 in den Osten deportiert wurden. In einem Fall habe er einen jüdischen Geschäftsmann persönlich bei der Gestapo denunziert.
Bästleins Schlussfolgerung: »Linse war mithin aus historischer Sicht ein NS-Täter.« Die Historische Kommission beim Parteivorstand der SPD forderte den Förderverein der Gedenkstätte Hohenschönhausen daraufhin auf, sich »umgehend und endgültig von der Idee einer solchen Namensgebung zu trennen«.
Der 1. Vorsitzende des Fördervereins, Jörg Kürschner, hält Bästleins Studie indes für »oberflächlich« und »nicht seriös«. Bästlein brächte für seine schwerwiegenden Vorwürfe »keine Belege«. Der Förderverein habe, so Kürschner, selbst einen Historiker beauftragt, dessen Namen er noch nicht nennen will, die Akten noch einmal gründlich zu überprüfen. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung stehe noch nicht fest. »Sollte sich herausstellen«, bekräftigt Kürschner, »dass Walter Linse in der NS-Zeit Schuld auf sich geladen hat«, werde der geplante Preis selbstverständlich nicht nach ihm benannt.

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025

Washington

Trump droht Hamas mit dem Tod

Die palästinensische Terrororganisation will ihre Herrschaft über Gaza fortsetzen. Nun redet der US-Präsident Klartext

von Anna Ringle  16.10.2025