Salomon Almekias-Siegl

Drei Gemeinden, ein Rabbi

von Brigitte Jähnigen

Salomon Almekias-Siegl hat in den vergangenen Wochen Ausdauer bewiesen. Der sächsische Landesrabbiner ist bereits am 18. Dezember 60 geworden. Doch das Feiern hört nicht mehr auf. Am 19. Januar ehrt ihn die Dresdner Gemeinde nun mit einer festlichen Toraeinhebung, und er lädt sie zum Kiddusch ein. Dies ist die letzte Station des Geburtstagsmarathons.
Viele der 2.700 Mitglieder seiner drei Gemeinden Leipzig, Dresden und Chemnitz wollten das Jubiläum nicht verpassen. Ganz zu schweigen von den Gratulanten aus Politik und Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft, die sich in Dresden bei einem Empfang am 18. Dezember die Ehre gaben. Sie alle würdigten die Verdienste »ihres Landesrabbiners«. Immerhin hat Salomon Almekias-Siegl am 9. November 2001 in Dresden den ersten Synagogenneubau in den neuen Bundesländern eröffnet, dem nur 18 Monate später ein Neubau in Chemnitz folgte. Auch die einzig erhaltene Leipziger Synagoge in der Löhrstraße wurde saniert. Der Eröffnung des Kulturzentrums im ehemaligen Waldstraßenviertel in Leipzig anlässlich der Jüdischen Kulturwochen in diesem Jahr sieht der Landesrabbiner ebenfalls mit Freude entgegen. »Ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben, ich genieße hohe Anerkennung und bin Gott sei Dank gesund und geistig fit«, sagt Salomon Almekias-Siegl nach zehn Jahren Tätigkeit in Sachsen. Unermüdlich lebt er seiner Umwelt das jüdische Prinzip des lebenslangen Lernens vor. So hat der zunächst als Kantor ausgebildete Mann in einem externen Studium die Voraussetzungen für sein Rabbinat erworben. Vor fünf Jahren promovierte er an der Freien Universität Berlin über Admor Kalonymus Kalmisch Schapira, den berühmten Rebben aus dem Warschauer Ghetto.
Auch ganz privat gibt es für den Familienvater Grund zur Zufriedenheit. Drei erwachsene Kinder, zwei Enkel und »ein wunderschönes 14-jähriges Töchterchen« gehören zu seiner Familie genauso wie seine Ehefrau Monika Siegl, Organistin und Leiterin des Chores für das Leo-Baeck-Seniorenheim in der Berliner Synagoge Herbartstraße.
»Bevor du einen Menschen verurteilst, mach dir ein Bild von ihm«, lautet Salomon Almekias-Siegls Lebensmotto. Der Rabbiner weiß, wovon er spricht. Denn als Weltbürger muss er sich auf die verschiedensten Gegebenheiten einstellen. Almekias-Siegl ist in Marrakesch, Marokko, geboren, in Israel aufgewachsen, hat in Eng- land, Deutschland und den USA studiert und gelebt, bevor er vor zehn Jahren nach Berlin kam. Ist ein solcher Mensch besonders geeignet, Einwanderer bei der Integration zu unterstützen? Von 169 auf 2.700 Mitglieder sind seine Gemeinden innerhalb eines Jahrzehnts gewachsen. »Mein Auto ist mein zweites Zuhause«, kommentiert Salomon Almekias-Siegl den Umstand, dass er bis zu 60.000 Kilometer pro Jahr auf den Autobahnen Sachsens unterwegs ist – Abstecher zu seiner Familie nach Berlin inklusive.
Gemeinwesen und Gemeindearbeit sind für den Landesrabbiner untrennbar. Und er, der vor zehn Jahren selbst Einwanderer war, nachdem er bereits in den 70er Jahren als Kantor und Religionslehrer in der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg in Stuttgart tätig war, sagt über die Besonderheit, in Deutschland zu leben: »Bei den ersten Ausschreitungen von Neonazis dachte ich, wenn die jungen Leute erst alle Arbeit haben, wird sich das Problem erledigen. Doch nach gründlicher Beobachtung denke ich, das rechte Gedankengut wie ein Firn auf der Seele Deutschlands ist, der sich nicht entfernen lässt.«

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